Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 22. Sitzung / Seite 155

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onsversicherungen gehen auch ohne diese Maßnahmen laufend zurück: im Jahr 2004 auf 10,8 Prozent, im Jahr 2005 und in den folgenden Jahren auf 10,7 Prozent des Brut­toinlandsprodukts. Das wissen Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Diese Zahlen sind Ihnen bekannt.

Was steckt dann dahinter? Vielleicht jahrzehntelang vorhandenes konservatives Den­ken. In der „Neuen Tageszeitung“ vom 29. März 1959 steht:

„1910 war ein Viertel der Bevölkerung älter als 40 Jahre, während 1951 fast die Hälfte aller Österreicher älter als 40 Jahre war. Österreichs Bevölkerung überaltert – damit entsteht eine ernste Gefahr für die Sozialversicherung.“

Weiters steht dort: „Wir brauchen ein ,marktkonformes Sozialsystem‘ ...“. – 1959! So viel zu Ihrer zukunftsorientierten Sozialpolitik! So weit schreiten Sie in der Sozialpolitik bei Ihren Vorstellungen zurück!

Meine Damen und Herren! Das wundert mich auch nicht, in einem freiheitlichen Wo­chenblatt steht: „,Soziale Wärme‘ entsteht, wie jeder Genosse weiß, durch die Vertei­lung von durch bürgerliche Eliten zu finanzierenden Wohltaten an Tagediebe und Min­derleister.“

Meine Damen und Herren! Wer sind denn diese Tagediebe und Minderleister? Sind das die Menschen, die wenig Einkommen haben? Sind das Arbeitslose? Sind das Kranke? Sind das alte Menschen? Wer wird denn da so zynisch als „Minderleister“ bezeichnet? Das ist Ihre Einstellung zur Sozialpolitik? Sie sollten sich schämen, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Beifall bei der SPÖ.)

Der ehemalige ÖVP-Klubobmann Dr. Khol, nunmehriger Präsident dieses Hauses, hat ja auch am 27. September 2002 gesagt:

„Staatlich veranstaltete Solidarität ist wichtig und nicht ersetzbar, aber teuer. Privat veranstaltete Solidarität ist wärmer und billiger.“

Für wen?, frage ich mich. Für die, die es sich nicht leisten können? – Nein, für die si­cher nicht! Da wird keine Wärme sein, es wird auch nicht billig sein, sondern es wird teuer sein, und die Menschen werden in der Kälte stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber auf den Punkt gebracht hat es letztlich der Finanzminister: „Das verlange eine ,Kulturveränderung‘“. Es werde weniger Staat und weniger Fürsorge geben müssen, dafür werde jedermann ,mehr netto in der Brieftasche haben‘.“ – Er hat sich geirrt! Bei Ihrer Politik gibt es weniger Fürsorge, weniger Wärme in diesem Staat – und auch we­niger Geld in der Brieftasche. (Beifall bei der SPÖ.)

17.57

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Kollege Dr. Fasslabend. Die Uhr ist wunschgemäß auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.57

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Als wir gestern diese Marathonabstimmung zur Pensionsreform durchgeführt haben, sind viele Fragen aufgeworfen worden. Vielleicht hat sich auch der eine oder andere gefragt: Was be­deutet es eigentlich, wenn Betriebsräte, wenn Personalvertreter, wenn Arbeiterkam­merräte, wenn Spitzenfunktionäre der Gewerkschaft auf Landesebene und auf Bun­desebene auf der einen Seite dagegen und auf der anderen Seite dafür sind? War das nur Ausdruck einer fraktionellen unterschiedlichen Bewertung, wie das in der Demokra­tie zwischen Regierung und Opposition üblich ist? – Wahrscheinlich war das ein wich­tiger Faktor dabei. Aber ich glaube, in Wirklichkeit ist es um sehr viel mehr gegangen, nämlich um folgende Frage: Haben wir heute in allen Parteien eine Mehrheit, die bereit


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