Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 141

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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. Gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


15.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörer hier im Hohen Haus! An sich eine wirklich wichtige Debatte, die Agrarreformdebatte der letzten zwei Jahre. Wir hatten kaum Gelegenheit, hier im Plenum das zu diskutieren. Ich frage mich trotz­dem: Was ist wirklich dringend an diesem heutigen Antrag? Diese Frage muss man sich stellen, werte Kolleginnen und Kollegen: Was ist da wirklich dringend? Die Agrar­reform ist in Brüssel beschlossen, sie wird jetzt in legistische Form gegossen und in nationale Maßnahmen umgesetzt. (Abg. Grillitsch: Ist euch die Landwirtschaft nicht wichtig?)

Was offensichtlich wirklich dringend ist, ist das Bedürfnis der Agrarfunktionäre und so mancher Bauernvertreter, so genannter, hier in diesem Hause, sich zu erklären, dass sie immer schon für die Agrarreform gewesen seien, und dass sie hier explizit glauben, sie begrüßen zu müssen, mit allen möglichen Floskeln und einigen rhetorischen Kap­riolen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wenn es nicht wichtig ist für Sie, können Sie ja wie­der hereingehen! Ganz einfach!)

Herr Bundesminister Pröll! Ich verstehe, dass Sie als sozusagen Kurzzeit-Landwirt­schaftsminister – so lange sind Sie ja noch nicht im Amt – natürlich nicht für alles geradestehen können, was an Versäumnissen passiert ist, Versäumnisse in Bezug auf eine klare Positionierung Österreichs. Wir haben das in den letzten zwei Jahren immer wieder eingefordert, bis heute gibt es und gab es kein offizielles Papier, das dem Parla­ment zugegangen wäre, dem man hätte entnehmen können, was zu Beginn der Ver­handlungen die genaue Position Österreichs war. Ich nenne einige Beispiele, damit Sie mich besser verstehen, worum es mir geht.

Zum Beispiel haben Sie gesagt: Die Preissenkung bei Getreide wurde verhindert. – Ja, was heißt das, wenn man das positiv formuliert? Was würde das agrarpolitisch bedeu­ten, was muss denn Ziel sein für die österreichische Landwirtschaft oder kann eine Perspektive darstellen? – Doch die Ernährungssouveränität zu sichern! Das heißt, die Sicherheit zu schaffen, dass Bäuerinnen und Bauern, egal, wo sie auf dieser Erde pro­duzieren, im regionalen Bereich für ihre Gesellschaft, für ihre Konsumentinnen und Konsumenten produzieren, dass die europäischen Bäuerinnen und Bauern für den erweiterten Binnenmarkt produzieren. Da fehlt mir noch jedes Bekenntnis! Im Gegen­teil: Herr Präsident Schwarzböck, der Vertreter der Präsidentenkonferenz, hat zu Be­ginn der Agrarreform ganz klar und deutlich gesagt: Wir brauchen diese Reform nicht, und wir wollen diese Reform nicht! Wir wollen weiterhin exportieren! Wir brauchen eine Exportorientierung der Agrarproduktion!

Da kann ich es wirklich nur begrüßen, wenn heute die Agrarvertreter sich herstellen und sagen: Ja, diese Agrarreform ist wichtig und richtig! Insofern richtig und wichtig, als aus unserer Sicht die Tür geöffnet wird, die Tür zu einer neuen agrarpolitischen Per­spektive, aber was noch fehlt, ist eine konsequente Ausgestaltung.

Meine Damen und Herren! Dringlich am heutigen Tage wäre etwas ganz anderes ge­wesen – abgesehen von dem Kontext, den wir vorher kurz diskutiert haben, dem Schauspiel, das Finanzminister Grasser hier geboten hat, wirklich kein besonderes Glanzstück des österreichischen Parlamentarismus; er wird ja nachher noch Gelegen­heit haben, auf die offenen Fragen zu antworten –, dringlich wäre auch gewesen, sich der Frage der Gentechnik und der Problematik einer gentechnikfreien Landwirtschaft in Österreich zu stellen. Auch das ist ein Thema, das wirklich wert gewesen wäre, im Rahmen eines Dringlichen Antrages behandelt zu werden, weil es hier internationale


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