Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 40

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Natürlich ist es richtig und legitim, dass dabei unsere Interessen, die Interessen der Bevölkerung unseres Landes, nicht nur berücksichtigt, sondern auch entsprechend umgesetzt werden. Ich denke, etwa die Übergangsfrist auf dem Arbeitsmarkt ist ein derartiges Interesse; oder die Grenzregionen, oder die Frage der nuklearen Sicherheit, oder, dass historisches Unrecht endlich der Vergangenheit angehört und durch men­schenrechtskonforme Lösungen ersetzt wird. Ich begrüße daher die Erklärung des tschechischen Ministerpräsidenten Špidla ausdrücklich und sehe das als einen ganz wichtigen ersten Schritt, der uns in die richtige Richtung bringt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich danke der Bundesregierung dafür, dass auf Basis des Arbeitsübereinkommens die Erweiterung offensiv angegangen wird. In der Offensivstrategie liegt der Erfolg.

Das gilt – und das sei abschließend gesagt – übrigens auch für das Parlament. Ich denke, meine Damen und Herren, dass neben der Professionalisierung der parlamen­tarischen Arbeit auch die Europäisierung der Arbeit hier im österreichischen National­rat auf der Tagesordnung stehen sollte. Wir müssen uns noch viel mehr als bisher mit der Frage Europa beschäftigen! Wir müssen uns noch viel mehr als bisher mit der Auf­gabe des Nationalrates und der Parlamente für die europäische Integration ausein­ander setzen! Und ich denke mir, dass es gerade in den neuen Mitgliedsländern nicht ausschließlich eine Frage der Regierungen und der Verwaltung sein kann, Europainte­gration zu betreiben, sondern dass das die massive Aufgabe der Parlamente sein muss, damit auch die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mitgenommen werden.

Wir in Österreich müssen diesbezüglich Vorbild sein. Daher appelliere ich auch an die Fraktionen, neben der Professionalisierung der parlamentarischen Arbeit auch die Europäisierung dieses österreichischen Parlaments zu unterstützen. (Abg. Dr. Nieder­wieser: Das hältst du nicht aus!) Das ist die beste Investition dafür, Europa bürgerfähig und auch bürgerverständlich zu machen. Diese Aufgabe wird uns niemand abneh­men – wir tragen dafür die Verantwortung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Auch er hat sich eine Redezeit von 10 Minuten vorgenommen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


10.18

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, die Erweiterung der Europäi­schen Union ist ein gewaltiger, historischer Schritt vorwärts. Und die Frage ist: Worin besteht der historische Charakter dieses Schrittes?

Wir dürfen, glaube ich, nie vergessen, dass die Gründung der Europäischen Gemein­schaft und dann der Europäischen Union einen wesentlichen und tieferen Sinn gehabt hat, nämlich die Wunden, die der Zweite Weltkrieg in Westeuropa geschlagen hatte, zu heilen und über ein Konzept der Integration zu Frieden und Stabilität in Europa zu kommen.

Dieses Modell der europäischen Integration hat sich für Westeuropa in den letzten fünf Jahrzehnten absolut bewährt. Und nach der historischen Chance des Jahres 1989 hat sich die Europäische Union richtigerweise dazu entschlossen, das gleiche Konzept, das für Westeuropa erfolgreich war, nun auch anzuwenden, um die Teilung Europas nach 1945 durch den Eisernen Vorhang zu überwinden, und das gleiche Konzept, nämlich Integration und Kooperation, als Instrument für Frieden und Stabilität anzu­wenden.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite