Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 195

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der Intention näher zu treten. Aber man könnte auch den § 9 betreffend die Offenle­gung modifizieren, denn zur Offenlegung aller ihrer Einkommen sind ja laut § 9 die Ab­geordneten gezwungen. Wissen Sie, warum? – Ich halte diese Bestimmung ja für rich­tig, aber man hat dabei gar nicht mehr an die Minister gedacht, weil diese ja ohnehin einem Berufsverbot unterliegen. Deshalb hat man sie im § 9 gar nicht mehr erwähnt: weil man gar nicht auf die Idee gekommen wäre, dass ein Finanzminister oder sonst irgendwer seine zusätzlichen Einkommen noch irgendwoher lukriert! Aber selbstver­ständlich wäre das auch notwendig.

So fahrlässig, wie wir umgehen, indem wir die Kontrolle hier bei der Unvereinbarkeit, bei den Einkommen des Herrn Finanzministers nicht durchführen und sagen: Ist ja gar nicht notwendig, das wird schon alles stimmen, das könnte ja durchaus stimmen, was uns der Herr Finanzminister da alles erklärt!, so wenig brauchen wir uns zu wundern, dass der Rechnungshof dann seine Schwierigkeiten hat, wenn nicht einmal die Par­teien, die hier im Parlament sitzen, diese Aufgabe tatsächlich ernst nehmen. Da sind Sie gefordert, meine Damen und Herren, und da ist der Rechnungshof arm dran mit einem solchen Auftrag, hinter dem nicht einmal die Regierungsparteien stehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Präsident Dr. Fiedler. – Bitte, Herr Präsident.

 


19.46

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Bericht, über den heute verhandelt wird, ist in Wahrheit nur ein Teil­bericht. Er enthält nämlich nur jenen Teil, der die Durchschnittseinkommen der Ge­samtbevölkerung zum Gegenstand hat, und er enthält nicht jenen Teil, der sich damit befassen sollte, wie viele Personen und welche Personen mehr als 80 000 S – nun­mehr 5 887,87 € – 14 Mal jährlich erhalten.

Die Tatsache, dass dieser Bericht nur ein Teilbericht ist, wurde von meinen Vorrednern ausführlich dargetan, auch die Umstände, die dazu geführt haben, und die Gründe da­für. Sie sind, kurz gefasst, darin zu suchen, dass von vielen öffentlichen Einrichtungen bestritten wird, dass die Weitergabe dieser Daten, nämlich der Bezüge beziehungs­weise auch der Namen von Dienstnehmern, an den Rechnungshof mit den daten­schutzrechtlichen, mit den menschenrechtlichen Voraussetzungen in Einklang ge­bracht werden kann, und haben letztlich dazu geführt, dass der Rechnungshof im Hin­blick auf diese Verweigerungen den Verfassungsgerichtshof anrufen musste.

Der Verfassungsgerichtshof hat seinerseits im Dezember des Jahres 2000 den Euro­päischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung in den vom Rechnungshof beim Ver­fassungsgerichtshof anhängig gemachten Fällen ersucht und damit die Frage verbun­den, ob die Veröffentlichung von Daten – einerseits der Namen, andererseits der Be­züge dieser Personen – mit dem Gemeinschaftsrecht auch vereinbar ist. Der Euro­päische Gerichtshof hat im Mai dieses Jahres eine Entscheidung getroffen, und ich wurde ersucht, nun den letzten Stand in dieser Angelegenheit dem Hohen Haus darzu­legen.

Der Europäische Gerichtshof hat die Auffassung vertreten, er wolle in der Sache selbst nicht entscheiden, sondern sie wieder zur Sachentscheidung an den österreichischen Verfassungsgerichtshof rückverweisen.

Er hat eine Vereinbarkeit der Veröffentlichung von Daten mit dem Gemeinschaftsrecht für durchaus möglich erachtet und dazu folgenden Rechtssatz entwickelt, den ich Ihnen in seinem Wortlaut nunmehr vorlesen möchte. Dieser Rechtssatz lautet:

 


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