Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 23

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aber keine Verpflichtung und dass wir im Nationalrat auch nicht die Möglichkeit ha­ben, irgendeinen Minister zu einer Erklärung zu zwingen.

Sie haben andere Mittel, auch solche der Opposition und solche, die in der Geschäfts­ordnung vorgesehen sind. Ich gehe davon aus, dass Sie von der Möglichkeit Gebrauch machen, einen Minister zu befragen und ihn auch hier im Parlament mit verschiedenen Dingen zu konfrontieren. Aber all die anderen Debatten, die wir hier zu führen haben, weg­zuwischen, nur weil man die eigene politische Agitation in den Vordergrund stellt – dass das Ihre Vorgangsweise ist, das sollten Sie auch hier am Rednerpult zugeben und nicht mit irgendwelchen anderen Argumenten verschleiern.

Für uns ist das Thema der heutigen Erklärung wichtig. Sie haben Ihre Rechte als Op­position; diese können Sie gebrauchen, so wie es in der Geschäftsordnung vorge­sehen ist. (Abg. Schieder: „Danke“! – Abg. Marizzi: „Danke schön“! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Ob Sie sie mehr oder weniger intensiv nützen, das ist alles Ihre Sache. Ich war zehn Jahre lang Oppositionsabgeordneter, und ich kann Ihnen nur sagen: Von unserer Oppositionsarbeit hätten Sie noch einiges lernen können! (Hei­terkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir waren eine harte Opposition – keine Frage –, aber uns waren trotzdem immer die sachlichen Inhalte wichtiger als die politische Agitation! (Ironische Heiterkeit, Oh-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Das gilt für uns auch als Regierungspartei, und deshalb freuen wir uns, dass wir heute über den Wirtschaftsstandort Österreich eine Erklärung hören und darüber auch dis­kutieren können! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.22

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Klubobmann Scheibner! Die FPÖ als Oppositionspartei hat zweifellos ihre Verdienste gehabt. (Abg. Scheibner: Na eben!) Mein Gott, wenn damals nur ein Fünftel, ja ein Zehntel der Dinge vorgelegen wäre, die jetzt gegen Finanzminister Grasser vorliegen, was hätte die FPÖ da für ein Donnerwetter gemacht! (Abg. Großruck: Es liegt ja gar nichts vor! – Abg. Scheibner: Wir hätten gesagt: Das müssen wir aufklären!) – Jetzt aber, wo der Finanzminister zum zentralen Problem der österreichischen Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik geworden ist (Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein, Herr Professor!), da machen Sie ihm die Mauer! – Das ist ein Teil des Problems der FPÖ, Herr Kollege Scheibner. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fischer: „VPÖ“! „Vertuscher-Partei Öster­reichs“!)

Ganz allgemein, meine Damen und Herren: Der § 19 der Geschäftsordnung des Par­laments sieht zweifelsfrei – das ist völlig unbestritten – das Recht eines Ministers vor, im Prinzip jederzeit eine so genannte Erklärung abzugeben. Von diesem Recht muss aber mit Maß und Ziel Gebrauch gemacht werden, Herr Kollege Molterer. Es ist sicher­lich richtig, dieses Recht für außergewöhnliche Situationen, für Notsituationen zu ha­ben, so wie es in der Vergangenheit auch meistens gehandhabt wurde. (Abg. Mag. Mainoni: In der Geschäftsordnung gibt es keine Notsituation! – Abg. Scheibner: Jederzeit! Jederzeit!) Aber die heutige Vorgangsweise darf meines Erachtens nicht Schule machen, und ich darf Ihnen auch kurz begründen, warum:

Zweifellos ist die Frage der wirtschaftlichen Lage des Landes wichtig – dagegen gibt es überhaupt keinen Einwand, das ist nicht das Problem. (Demonstrativer Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP und der Freiheitlichen sowie Beifall bei den Grünen und bei


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