Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 126

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Anstatt klar zu stellen, dass diese pauschale Abqualifizierung der Jugend als egozent­rische Partygeneration ein Fehler war, legte Gehrer am 26. August gegenüber der APA nach: „Kann es das Lebensziel sein, nur das höchste Einkommen zu lukrieren, bringt dir das später die höchste Befriedigung, dass du eine Ferienwohnung in Ibiza und ein Domizil in Lech hast?“ Es mutet schon fast skurril an, dass es Gehrer traurig fand, dass man in Österreich offensichtlich keine Sachdiskussion führen könne, nach dem sie eine Polemik nach der anderen vom Stapel ließ.

Unterstützung bei der Argumentation aus der untersten Schublade erhielt Gehrer von ihrem Kollegen Ernst Strasser, der sich ebenfalls als nicht fachzuständiger und oben­drein völlig falsch informierter Minister in einer Polemik gegen Ganztagsschulen übte. In einem Standardinterview vom 3. September meinte er: „Die Ganztagsschulen sind eine der großen Misserfolge sozialdemokratischer Politik in Deutschland, die zu Ver­elendung, Anonymisierung und vandalisierenden Jugendlichen in den Großstädten geführt hat. Dieses Konzept ist gescheitert.“

Dabei spielt es für Strasser offenbar keine Rolle, dass mit nur 3 % ein verschwindend geringer Anteil der Schulen in Deutschland ganztägig geführt wird und die Anstrengun­gen in diese Richtung erst intensiviert werden, weil die bildungspolitisch innovativen Länder Skandinaviens als Vorbild gelten und deren Erfolge unübersehbar sind. Nach dem Schock, den die Ergebnisse der „PISA-Studie“ auslösten, setzt man in Deutsch­land nun große Hoffnungen auf die Ganztagsschule. Anfang September gab es den Startschuss zu einem Förderprogramm für Ganztagsschulen im Ausmaß von 4 Mrd. €.

Gerade internationale Vergleiche zeigen den dringenden Handlungsbedarf der Bil­dungsministerin.

Die Herkunft ist in Österreich nach wie vor das zentrale Kriterium für den Bildungsweg.

Kinder aus weniger begüterten Familien mit niedrigem Bildungsstand der Eltern haben nach wie vor deutlich weniger Chancen im österreichischen Bildungssystem als jene aus sozioökonomisch bevorzugtem Umfeld. Das zeigen Daten aus der internationalen Bildungsvergleichsstudie „PISA“ und Studien des Instituts für Bildungsforschung.

Der von Österreich zusätzlich durchgeführte Vergleich der Ergebnisse der „PISA-Studie“ zwischen den zehn reichsten Staaten Europas zeigt sehr deutlich die hohe Ab­hängigkeit der SchülerInnenleistungen von der Schulbildung der Eltern. In Finnland, dem Spitzenreiter in der „PISA“-Studie, beträgt der durchschnittliche Leistungsunter­schied zwischen SchülerInnen, deren Eltern der höchsten Bildungsschicht angehören, und jenen, deren Eltern der niedrigsten Bildungsschicht angehören, 39 Punkte, in Irland sind es 37,5 Punkte. In Österreich sind es dagegen 91,5 Punkte. Eine Stufe in der fünfteiligen PISA-Skala beträgt 41 Punkte. Während es einigen Ländern also ge­lingt, die Unterschiede innerhalb einer Stufe zu halten liegt der durchschnittliche Unter­schied in Österreich bei weit mehr als 2 Stufen.

In allen neun Ländern, die in der PISA-Studie bei der Lesekompetenz vor Österreich rangieren, bestehen die Leistungsunterschiede vorwiegend innerhalb einer Schule. In Österreich dagegen sind die Unterschiede zwischen den Schulen viel größer. Das ist das Ergebnis der frühzeitigen Selektion in Österreich nach der vierten Klasse Volks­schule. Auch in der PISA-Studie wird der „Abbau der sozioökonomischen Segregation zwischen den Schulen“ als mögliche Strategie dargestellt, um dem Problem der Unter­schiede zwischen den Schulen beizukommen.

Dass der größte Einfluss auf die Bildungskarriere der Kinder vom Bildungsniveau der Eltern ausgeht, belegen auch Studien des Österreichischen Instituts für Familienfor­schung. Demnach maturieren 80 Prozent der Kinder von Akademikern. Bei Kindern von Eltern mit Pflichtschulabschluss sind es hingegen nur zehn Prozent – ein Verhält-


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