Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 152

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haben das Parlament getäuscht, Sie haben die Universitäten getäuscht, und Sie haben die Bevölkerung getäuscht.

Das lässt sich beweisen: Grasser sagte in seiner Budgetrede, dass sich die Zuwendun­gen an universitäre Forschungseinrichtungen von 1999 bis 2004 verdoppeln. – Liest man in der publizierten Budgetrede nach und schaut sich Tabellen an, dann kann man aber feststellen, dass 543 Millionen € zur Verdoppelung fehlen. Ist das eine Täuschung oder ein bloßer Irrtum jener, die sich sonst nie irren und alles wissen? Letzteres glaube ich nicht!

Grasser spricht den Universitäten eine Budgetsteigerung in der Höhe von 733 Millio­nen € zu. Aber siehe da: Bei näherem Lesen kommt man drauf, dass es sich hiebei um jene 733 Millionen handelt, die früher zum Bundeskanzleramt beziehungsweise zum Geschäftsbereich von Riess-Passer ressortierten und die Personalkosten der Universi­täten abdeckten. Das ist ein Nullsummenspiel! Die Universitäten müssen die 733 Millio­nen € für die Bezahlung ihres Personals verwenden. Somit ist das keine Steigerung, sondern maximal ein Erhalten des Ist-Standes.

Das heißt: Grasser ist keiner Selbsttäuschung unterlegen, sondern er hat andere Leute getäuscht. Diese Charaktereigenschaften sind meines Erachtens allerdings mit einer guten und wahrhaftigen Politik nicht kompatibel. Ich würde diesen Wunsch oder Hang nach Wahrheit, Frau Minister Gehrer, sehr wohl auch als Wertediskussion auffassen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Zumindest würde ich das so lange tun, solange die Wahrheit ein Wert ist und nicht nur eine Tochter der Zeit oder gar ein Findelkind der ÖVP. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe den Eindruck, dass das Bildungs- und Forschungsministerium – Sie mögen mir verzeihen oder auch nicht! – eigentlich letztlich wie eine Werbeagentur geführt wird. (Abg. Dr. Jarolim: Das sagen viele!) Das kann es aber nicht sein, denn eine Werbeagentur hat keine Ähnlichkeit mit einem Wissenschaftsressort! Im Hinblick darauf wundert es mich allerdings nicht, dass viele meinen, dass sämtliche Argumente eher einem intellektuellen Irrgarten als einer nachvollziehbaren Erklärung über die Ist-Stände, die Missstände und darüber, was man erreichen will, ähneln.

Das Licht leuchtet schon rot. – Ich sage Ihnen nur: Es wurden auch zahlreiche junge Forscherinnen und Forscher getäuscht. Einige von ihnen haben vielleicht wochenlang an die Weltklasse geglaubt. Möglicherweise stehen diejenigen, die das geglaubt haben, heute nicht mehr im Labor, sondern auf der Straße.

Der Forschungsfonds konnte im Frühsommer dieses Jahres kein einziges Projekt be­willigen, Stellen konnten nicht verlängert werden, Projekte wurden unterbrochen, die Leute hatten keine Arbeit. Das ist wahr und nicht falsch.

Wenn Sie dauernd sagen, alles sei viel besser, dann bezichtigen Sie letztlich auch die Rektoren und die einzelnen Verantwortlichen an den Universitäten, die Unwahrheit zu sagen. Ich rede jetzt wohlgemerkt nicht über Klopapier und Kopierpapier, sondern ich rede über wirklich massiv vorhandene Ausstattungsmängel und fehlende Ressourcen und wiederum nicht von der Weltklasse, sondern nur von einem primitiven Soll.

Ich komme jetzt noch zu einem Tirol-Bezug, und zwar zu einem Ereignis, das bereits lang vor der Landtagswahl liegt, und stelle fest, dass Sie sich in Anbetracht von Seil­schaften und Widrigkeiten bei der Rektorbestellung an der Medizinischen Fakultät Innsbruck vorerst in die Rolle eines Zuschauers begeben haben, dann aber regulierend dort eingegriffen haben, wo Kommissionen autonom und weisungsfrei ihre Entschei­dungen finden sollten. Das finde ich schlichtweg untragbar! Als untragbar finde ich auch die Meinungsäußerung Ihres Sektionschefs Höllinger, der den Rat zwar rechtsbe­lehrt hat, nämlich, dass ein Dreiervorschlag bei einer Wahl notwendig ist, jedoch ver-


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