Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 248

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Der unnötige Abverkauf, unter einem nicht nachvollziehbarem Zeitdruck, führte quasi zu einer Notverkaufssituation, in der bekanntlich Preis und Bedingungen durch mög­liche Käufer diktiert werden.

Letztlich geht das im Fall der voestalpine so weit, dass der Erlös des Abverkaufs letzt­lich sogar unter dem Wert der Eigenmittel zu liegen gekommen ist. Kein anderer Eigen­tümer würde so verantwortungslos mit seinem Eigentum umgehen. Schließlich geben Analysten einen möglichen Kurswert von rund 50 Euro je Aktie an, gemessen an den vorhandenen Eigenmitteln wäre das Unternehmen jedenfalls mindestens 45 Euro je Aktie wert. Schließlich war allgemein bekannt, dass die voest an der Börse krass unter­bewertet war, was auf die im internationalen Vergleich sehr geringen Börseumsätze an der Wiener Börse zurückzuführen ist. Die Bundesregierung hat sich hingegen mit 32,5 Euro zufrieden gegeben. Damit wird bewusst gegen die Zielsetzung der Erlösopti­mierung im ÖIAG-Gesetz verstoßen. Somit wird klar, dass hier auch massive andere Interessen im Spiel sind und bestimmte Gruppen bedient werden sollen.

Es bleibt der Eindruck, dass die voest-Anteile möglichst billig an Investoren und sons­tige Interessenten verschleudert werden sollten. Unverantwortlich ist es, dass Grasser als Eigentümervertreter (!!!) „Kursphantasien“ zu einem Zeitpunkt noch gesehen hat, als die Aktie bei rund 35 Euro notiert hat. Schließlich wurde auch eine voest-Wandel­anleihe der ÖIAG mit einem Zielkurs von 42 Euro begeben, d.h. dass die Erwartung berechtigt ist, diesen Kurs auch tatsächlich in kurzer Zeit zu erreichen. Grasser musste also wissen, dass das Unternehmen in Wahrheit mehr Wert ist (Experten schätzen zwi­schen 40 und 60 Euro je Aktie). Bei einem Preis von 32,5 Euro abzugeben, ist daher wissentliche Vernichtung von Vermögen, das allen Österreicherinnen und Österrei­chern gehört.

Möglicherweise ging es Grasser aber auch darum, durch den äußerst niedrigen Ab­gabepreis sicherzustellen, dass ein Kursanstieg im Lauf des Herbstes in jedem Fall möglich ist und er sich das als Privatisierungserfolg zuschreiben will. Das wäre nicht weniger schändlich und jedenfalls die bisher teuerste Imagekampagne, die die Öster­reicherinnen und Österreicher für den Selbstdarsteller Grasser finanzieren mussten.

Grundsätzlich handelt es sich bei dieser Privatisierung um eine auch innerhalb der Regierung bis zuletzt umstrittene Maßnahme, welche keinesfalls garantieren kann, dass Forschung, Konzernzentrale und Kernaktionäre in der jetzt gewählten Verkaufs­variante im Inland bleiben. Denn rund 7 Prozent der insgesamt 19,7 Prozent abgege­bener Aktien gingen an ausländische Großinvestoren, sodass sich jetzt ein Rekord­anteil von 46% der voest-Aktien in der Hand ausländischer Investoren befindet und der geringste Anteil österreichischer Kerneigentümer in der Geschichte des Unternehmens erreicht wurde. Die derzeitigen österreichischen Eigentümer sind überdies nicht über Syndikatsverträge oder wechselseitige Vorkaufsrechte gebunden, sodass bei entspre­chend günstigen Angeboten der Abverkauf weiterer voest-Anteile an ausländische Investoren oder Übernahmewerber droht.

Auch die für 15 Prozent der voest-Aktien als Zwischenlösung begebene Wandelanleihe kann auf Dauer kein Beitrag zu einer sicheren Kernaktionärsstruktur darstellen, da die Anleihe jederzeit in einen Verkauf der involvierten Anteile münden kann. Insbesondere dann, wenn die Einnahmen aus der Anleihe für andere Zwecke, beispielsweise zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet werden, und für die Tilgung am Ende der Lauf­zeit gar keine Mittel zur Verfügung stehen. Dies muß schließlich zwangsläufig zur Wandlung und damit zum Verkauf der Anteile führen. Im schlimmsten Fall müsste in diesem Szenario die Republik den Anleiheinhabern noch Geld nachschießen, wenn der in der Wandelanleihe festgelegte Kurs von 42 Euro nicht erreicht wird.

 


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