Der
unnötige Abverkauf, unter einem nicht nachvollziehbarem Zeitdruck, führte quasi
zu einer Notverkaufssituation, in der bekanntlich Preis und Bedingungen durch
mögliche Käufer diktiert werden.
Letztlich
geht das im Fall der voestalpine so weit, dass der Erlös des Abverkaufs letztlich
sogar unter dem Wert der Eigenmittel zu liegen gekommen ist. Kein anderer Eigentümer
würde so verantwortungslos mit seinem Eigentum umgehen. Schließlich geben
Analysten einen möglichen Kurswert von rund 50 Euro je Aktie an, gemessen
an den vorhandenen Eigenmitteln wäre das Unternehmen jedenfalls mindestens
45 Euro je Aktie wert. Schließlich war allgemein bekannt, dass die voest
an der Börse krass unterbewertet war, was auf die im internationalen Vergleich
sehr geringen Börseumsätze an der Wiener Börse zurückzuführen ist. Die
Bundesregierung hat sich hingegen mit 32,5 Euro zufrieden gegeben. Damit
wird bewusst gegen die Zielsetzung der Erlösoptimierung im ÖIAG-Gesetz
verstoßen. Somit wird klar, dass hier auch massive andere Interessen im Spiel
sind und bestimmte Gruppen bedient werden sollen.
Es
bleibt der Eindruck, dass die voest-Anteile möglichst billig an Investoren und
sonstige Interessenten verschleudert werden sollten. Unverantwortlich ist es,
dass Grasser als Eigentümervertreter (!!!) „Kursphantasien“ zu einem Zeitpunkt
noch gesehen hat, als die Aktie bei rund 35 Euro notiert hat. Schließlich
wurde auch eine voest-Wandelanleihe der ÖIAG mit einem Zielkurs von
42 Euro begeben, d.h. dass die Erwartung berechtigt ist, diesen Kurs auch
tatsächlich in kurzer Zeit zu erreichen. Grasser musste also wissen, dass das
Unternehmen in Wahrheit mehr Wert ist (Experten schätzen zwischen 40 und
60 Euro je Aktie). Bei einem Preis von 32,5 Euro abzugeben, ist daher
wissentliche Vernichtung von Vermögen, das allen Österreicherinnen und Österreichern
gehört.
Möglicherweise
ging es Grasser aber auch darum, durch den äußerst niedrigen Abgabepreis
sicherzustellen, dass ein Kursanstieg im Lauf des Herbstes in jedem Fall
möglich ist und er sich das als Privatisierungserfolg zuschreiben will. Das
wäre nicht weniger schändlich und jedenfalls die bisher teuerste Imagekampagne,
die die Österreicherinnen und Österreicher für den Selbstdarsteller Grasser
finanzieren mussten.
Grundsätzlich
handelt es sich bei dieser Privatisierung um eine auch innerhalb der Regierung
bis zuletzt umstrittene Maßnahme, welche keinesfalls garantieren kann, dass
Forschung, Konzernzentrale und Kernaktionäre in der jetzt gewählten Verkaufsvariante
im Inland bleiben. Denn rund 7 Prozent der insgesamt 19,7 Prozent
abgegebener Aktien gingen an ausländische Großinvestoren, sodass sich jetzt
ein Rekordanteil von 46% der voest-Aktien in der Hand ausländischer Investoren
befindet und der geringste Anteil österreichischer Kerneigentümer in der
Geschichte des Unternehmens erreicht wurde. Die derzeitigen österreichischen
Eigentümer sind überdies nicht über Syndikatsverträge oder wechselseitige
Vorkaufsrechte gebunden, sodass bei entsprechend günstigen Angeboten der
Abverkauf weiterer voest-Anteile an ausländische Investoren oder
Übernahmewerber droht.
Auch
die für 15 Prozent der voest-Aktien als Zwischenlösung begebene
Wandelanleihe kann auf Dauer kein Beitrag zu einer sicheren
Kernaktionärsstruktur darstellen, da die Anleihe jederzeit in einen Verkauf der
involvierten Anteile münden kann. Insbesondere dann, wenn die Einnahmen aus der
Anleihe für andere Zwecke, beispielsweise zum Stopfen von Budgetlöchern
verwendet werden, und für die Tilgung am Ende der Laufzeit gar keine Mittel
zur Verfügung stehen. Dies muß schließlich zwangsläufig zur Wandlung und damit
zum Verkauf der Anteile führen. Im schlimmsten Fall müsste in diesem Szenario
die Republik den Anleiheinhabern noch Geld nachschießen, wenn der in der
Wandelanleihe festgelegte Kurs von 42 Euro nicht erreicht wird.