Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 185

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Gegner haben – das ist ganz klar, denn viele Arztpraxen sind in Altbauten, zum Bei­spiel im dritten Stock, und die kann man nicht von heute auf morgen ändern, aber das erwartet auch niemand. Ich denke, mit einem Übergangszeitraum von zehn Jahren ist es jedoch sehr wohl möglich, tatsächlich barrierefreie Arztpraxen zu schaffen und – Frau Ministerin, da kommt gleich der nächste Punkt, der wichtig ist – in den Kranken­häusern barrierefreie Patientenzimmer, denn diese gibt es auch nicht.

Wenn heute ein Rollstuhlfahrer im Krankenhaus die Toilette oder die Dusche, die im Zimmer angeschlossen ist, benützen möchte, hat er Pech gehabt. Er muss schon froh sein, wenn er im gesamten Spital eine einzige Toilette findet, auf die er gehen kann, mit der Dusche spielt sich in der Regel ohnedies nichts ab.

Aber auch für blinde und gehörlose Menschen muss man ein Leitsystem et cetera schaffen. Es verlangt kein Mensch, dass das gesamte Spital plötzlich zu 100 Prozent barrierefrei gemacht wird, aber wesentliche Bereiche müssen barrierefrei sein. Und es muss auch sichergestellt sein, dass in jedem Krankenhaus bei Bedarf zumindest ein Gebärdensprache-Dolmetscher abrufbar ist, denn eine Verständigungsmöglichkeit für gehörlose Menschen ist in einem Krankenhaus so gut wie nie gegeben. Dass das für den Patienten ein zusätzlicher Stressfaktor ist, darüber braucht man, glaube ich, nicht zu reden, das wissen wir alle. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Frau Ministerin! Ich bitte Sie, dass wir diese Punkte im ersten Quartal 2004 in Angriff nehmen. Es ist dann zwar das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderung vor­bei – viele sind froh darüber –, das heißt aber nicht, dass sich die Situation der behin­derten Menschen durch dieses Jahr verbessert hätte. Es gibt zwar kleine Ansätze, aber diese noch ungelösten Fragen müssen wir in den nächsten Jahren bewältigen. Als Erstes ist ein anständiges Behinderten-Gleichstellungsgesetz zu machen, und zwar von den behinderten Menschen und nicht von Mitarbeitern des Ministeriums!

Ich hoffe, dass Sie, Frau Ministerin, darauf einwirken können, dass die Arbeitsgruppe, die wir im Entschließungsantrag gemeinsam beschlossen haben – in einem Vier-Par­teien-Antrag! –, die es jedoch nicht mehr gibt, wieder eingesetzt wird. Wissen Sie, dass es diese Arbeitsgruppe nicht mehr gibt? Sie ist zerbröselt, da man im Ministerium gesagt hat: Nein, wir machen jetzt ein Gesetz ohne euch, und alles, was schwierig ist, streichen wir gleich heraus! – Das ist Tatsache, wirklich wahr, darüber gibt es Wort­protokolle. Man hat auch gesagt: Uns ist es Wurscht, welches Behinderten-Gleichstel­lungsgesetz wir vorlegen, irgendeines wird es schon werden! – Das ist wirklich wahr, Frau Ministerin!

Die Betroffenen sind nicht mehr in dieser Arbeitsgruppe vertreten, die Arbeitsgruppe ist aufgelöst worden, und die Arbeit wird nur noch von den Beamten im Sozialministerium gemacht. Das haben Sie wahrscheinlich noch nicht erfahren, aber so läuft das seit 24. Oktober.

Auch Sie werden ein Schreiben der österreichischen Behindertenbewegung bekom­men haben, und ich bitte Sie, Frau Ministerin, unterstützen Sie uns weiterhin, damit der Entschließungsantrag, so wie er damals beschlossen wurde, in seinem gesamten Umfang umgesetzt wird. Die Betroffenen und die Behindertenbewegung erwarten sich eine Antwort auf diesen Brief, nämlich ein Behinderten-Gleichstellungsgesetz, das im Interesse der behinderten Menschen ist, und nicht irgendein Gesetz, nur damit das Ministerium willkürlich irgendetwas produziert, das wir dann vielleicht sofort wieder bekämpfen müssen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


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