Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 208

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kelziffer scheint aber viel höher zu liegen. Im Iran wurden 2002 mindestens 113 Per­sonen hingerichtet, davon viele in aller Öffentlichkeit. Und in den USA waren es 71 Per­sonen, dort waren mit Stand vom 1. Jänner 2003 3 700 Gefangene zum Tode verurteilt.

Justizirrtümer treten immer wieder auf. In den letzten 20 Jahren wurden allein in den USA 107 Fälle von unschuldig zum Tode Verurteilten bekannt.

Ist die Todesstrafe ein geeignetes Abschreckungsmittel? – Gegen diese Ab­schreckungs­­hypothese spricht ein Forschungsbericht der Vereinten Nationen, der 2002 aktualisiert wurde. Dieser kommt zu dem Schluss, dass es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass die Todesstrafe eine abschreckendere Form der Bestrafung ist als lebenslange Haft. Auch das Argument, die Todesstrafe habe eine positive Aus­wirkung auf die Kriminalitätsrate, ist nicht stichhaltig. Jüngste Kriminalitätsstatistiken von Staaten, welche die Todesstrafe abgeschafft haben, zeigen, dass die Abschaffung in keiner Weise zu einem negativen Effekt führt. In Kanada zum Beispiel sank nach der Abschaffung der Todesstrafe im Jahr 1999 die Mordrate signifikant.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Meiner Fraktion und mir ist es klar, dass die Todesstrafe kein geeignetes Rechtsmittel ist. Daher begrüßen wir die Ratifizierung von Abkommen auf internationaler Ebene, wodurch Staaten sich selbst gegenüber verpflichten, die Todesstrafe nicht anzuwenden. Wir werden daher dieser Vorlage der Ratifizierung gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

20.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Csörgits zu Wort. – Bitte.

 


20.05

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mehr als die Hälfte aller Staaten wendet die Todesstrafe zumindest in der Praxis nicht mehr an. Durchschnittlich schaffen drei Staaten pro Jahr die Todesstrafe ab, und in Europa ist die Todesstrafe seit vielen Jahren aus den Gesetzen verschwun­den. Das letzte Land, das die Todesstrafe abgeschafft und das Zusatzprotokoll Nr. 6 ratifiziert hat, war Armenien.

Trotzdem werden – mein Vorredner hat es schon erwähnt – jährlich Tausende von Menschen hingerichtet. Mein Vorredner hat die Zahlen aus dem Jahr 2002 zitiert, ich möchte ergänzend die Zahlen aus dem Jahr 2003 nachreichen: In den ersten 10 Monaten dieses Jahres sind in den Vereinigten Staaten 57 Menschen hingerichtet worden, im Iran waren es 83 und in Saudi-Arabien 40.

Ich bin sehr stolz und froh darüber, in einem Land leben zu dürfen, dass sich immer schon gegen die Todesstrafe ausgesprochen hat, das seit Jahren, seit Jahrzehnten eine Gesetzgebung ohne Todesstrafe hat, und dass sehr viele Österreicherinnen und Öster­reicher diesbezüglich VorreiterInnen waren und dafür Sorge getragen haben, dass auch in anderen Ländern ein Umdenken stattfindet.

Wichtig für uns alle ist, uns überall dort, wo wir die Möglichkeit haben, engagiert dafür einzusetzen, dass es wirklich einmal zu einer Welt kommt, in der die Todesstrafe ver­pönt ist, denn die Todesstrafe ist eine Verletzung des fundamentalsten Men­schen­rechtes, nämlich des Rechtes auf Leben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.07

 


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