Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 70

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Erweiterung auch zu leben, dass diese Vertiefung auch Zeit braucht, um in den Politi­ken der Mitgliedländer der Europäischen Union Wirklichkeit zu werden. Ich glaube des­halb, dass wir uns nach diesem Erweiterungsschritt überlegen müssen, wie die Gren­zen der Europäischen Union überhaupt zu formulieren sind, und ich denke, dass man bei vielen Beitrittskandidatenländern, die jetzt noch auf der Beitrittskandidatenliste ste­hen, die Grenzen der zukünftigen Europäischen Union ziehen wird.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es notwendig sein wird, dass die Euro­päische Union in den nächsten Jahren ihre politische Glaubwürdigkeit lebt, damit die Glaubwürdigkeit auch bei den Menschen der Mitgliedsländer Einkehr hält. Ich glaube auch, dass wir dann, wenn die Europäische Union auch ihre Grenzen erkennt und wenn die Rechte der Staaten und Völker gewahrt bleiben, in eine gute Zukunft gehen können. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.09

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Luna­cek. – Bitte.

 


12.09

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren auf der Ministerbank! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie, die Bot­schafterinnen und Botschafter und die Vertretung der Botschaften der neuen Mitglied­staaten, ich freue mich, dass gerade Sie hier sind und heiße Sie herzlich willkommen.

Es stimmt – und damit stimme ich mit den meisten meiner Vorredner überein –: Das ist ein historischer Tag für Europa! Das ist auch ein historischer Tag insofern, als wir jetzt im Parlament die Nachkriegsordnung mit diesem heutigen Beschluss tatsächlich als eine vergangene konstatieren und bekräftigen. Auch ich freue mich darüber. Doch leider ist diese Freude nicht ungetrübt, kann nicht ungetrübt sein.

Ich habe im letzten halben Jahr gehofft, dass die nationalistischen Misstöne, und zwar vor allem jene gegen Tschechien, die von Seiten der Freiheitlichen immer wieder ge­kommen sind, endgültig der Vergangenheit angehören. Leider sind sie noch immer da und wurden heute erneut laut. (Abg. Scheibner: Das alles ist Ihnen kein Anliegen: die Menschenrechte! Für Sie ist Unrecht nicht gleich Unrecht!) Es wird zwei Gegenstim­men bei diesem Beschluss geben. Das heißt: Sie stimmen zwar zu, aber Sie sagen: Eigentlich wollen wir es nicht, eigentlich wollen wir Tschechien da nicht dabei haben! – Das ist ein Schlingerkurs, den diese Bundesregierung hier fährt. (Abg. Scheibner: Das haben wir nicht gesagt! Hören Sie einmal gescheit zu, bevor Sie Vorwürfe machen!) Das ist ein Schlingerkurs in Sachen EU-Erweiterung, den Sie da in den letzten Jahren vorgelegt haben, und den haben Sie heute wieder gemacht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wo ist Ihre Linie in der Anti-Atompolitik?)

Die ÖVP sagt: Das ist ein Herzstück!, und Sie sagen: Veto gegen Tschechiens EU-Beitritt! Sie haben es dann umformuliert und gesagt: wegen Temelín!, aber Veto bleibt Veto. (Abg. Scheibner: Wo ist Ihre Linie gegen die Atomenergie?) Die ÖVP sagt: Das ist eine zentrale europäische Aufgabe!, und Sie sagen: Veto wegen der Beneš-De­krete! Jetzt sagen Sie nicht mehr Veto, aber ein paar von Ihnen stimmen dagegen und sagen: Das gehört weg! (Abg. Scheibner: Es ist Ihnen alles egal: Die Atomenergie ist Ihnen egal, und auch die Menschenrechte sind Ihnen egal!)

Dieses zerrissene Bild, das Österreich nach Europa, in diese Beitrittsländer bezie­hungs­weise neuen Mitgliedsländer in den letzten Jahren ausgesendet hat, hat keine andere europäische Regierung geboten. Keine andere Regierung der 15 EU-Staaten hat so ein zerrissenes Bild geboten, mit dem man auch zum Nachteil Österreichs agiert


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