Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 46. Sitzung / Seite 153

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auf Wien herum! Diese Realität gibt es leider in jedem Bundesland Österreichs! (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei der ÖVP.) – Natürlich, leider, das gibt es! (Abg. Schöls: Keine Ahnung!)

Es muss Ihnen allen klar sein und uns allen klar sein: All das, was heute hier an sehr schönen Worten und Werten eingefordert worden ist – und ich unterstütze diese Werte aus ganzem Herzen –, wird in der Zukunft Geld kosten, viel mehr, als wir heute dafür zur Verfügung stellen. Wir brauchen viel mehr Pflegepersonal, wir brauchen Altenbe­treuerinnen und Altenbetreuer, und zwar solche mit einem anerkannten Schulab­schluss, die auch entsprechend bezahlt werden. Wir brauchen diplomiertes Personal, wir brauchen eine altersgerechte medizinische Versorgung, damit in den Heimen wirk­lich eine menschenwürdige Unterbringung, ein menschenwürdiges Leben möglich ist, und zwar sowohl für alte Menschen als auch für Menschen mit Behinderung.

Derzeit, das kann ich Ihnen auch sagen, ticken die Uhren anders. Derzeit geht es nämlich in Richtung Pflege mit der Stoppuhr in der Hand, das ist die derzeitige Ent­wick­lung, in Richtung möglichst hohe Spezialisierung. Es geht dahin, dass man alten Menschen empfiehlt oder sie dazu überredet, die Haare abzuschneiden, damit die Pfle­ge weniger Aufwand bedeutet. So schaut die Realität derzeit aus.

Ich habe mir auf Gemeindeebene von Kollegen der freiheitlichen Fraktion anhören müssen, dass ein Altenheim mit einem Standard, wie wir es in Feldkirch gebaut haben, ein Vier-Sterne-Hotel für alte Menschen sei, das nicht notwendig ist. Genau darum geht es, dass so etwas nicht mehr vorkommt. (Abg. Scheibner: Wer hat das gesagt?)

Wenn Sie hier von Qualität sprechen, dann stehen Sie bitte auch künftig dazu, dass die finanziellen Grundlagen dafür geschaffen werden, sowohl auf Bundesebene als auch auf Länder- und Gemeindeebene, denn sonst ist das Ganze, was hier gesprochen wird, nichts anderes als leere Worte, und die Realität bleibt für die Betroffenen genau die gleiche. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 


18.10

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das neue Heimvertrags- und -aufenthaltsgesetz ist die Basis dafür, dass „Lainz“ nie wieder vorkommt. Und da wun­dere ich mich schon – das ist auch der Grund, warum ich mich heute noch zu Wort ge­meldet habe –, dass die Kollegin Becher in der Debatte heute noch den Mut hat, im Zusammenhang mit Lainz wörtlich von „kleinen Pflegemängeln“ zu sprechen.

Jetzt sage ich Ihnen, Kollegin Becher, und der sozialdemokratischen Fraktion, was „kleine Pflegemängel“ sind. Ganz konkret wird in einer Zeugenaussage eines Pflegers deponiert: Eine geistig behinderte Patientin wurde aus einem Gitterbett geholt und davor aufgestellt. Dann bekam sie links und rechts eine Ohrfeige, schrieb die Stations­gehilfin. Wenn dieser Pflegling schmutzig war, wurde er mit eiskaltem Wasser geba­det. – Ein „kleiner Pflegemangel“ Ihrer Meinung nach.

Die Kehrseite zeigt aber auch das Schicksal einer hoch betagten Patientin, die wegen schwerer Körperbehinderung und leichter Demenz wochenlang im Bett lag. Eine weitere Patientin hatte den Wunsch, einfach nur das Tageslicht, Bäume zu sehen – sie wurde ebenfalls im Bett liegen gelassen. Man sagte, man habe auf sie vergessen. – Auch ein „kleiner Pflegemangel“.

Ich könnte Ihnen noch etliche Fälle aufzählen, die aus den tragischen Protokollen von Lainz hervorgehen.

 


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