Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 27

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Titel „Manchmal habe ich nichts mehr im Haus“ lesen zu müssen. Darin beschreibt eine 69-jährige Pensionistin, die eine monatliche Pension von 624 € bezieht, wie sie lebt. 194 € davon sind Eigenpension, der Rest ist die Ausgleichszulage; übrigens die berühmte Ausgleichszulage, die Herr Tancsits, der Sozialsprecher der ÖVP, damit charakterisiert hat, dass er gesagt hat, die, die sie beziehen, spüren diese Pensions­kürzungen gar nicht. Eine perfide Argumentation!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege! „Perfid“ ist kein Wort, das wir hier verwen­den! (Abg. Mag. Posch: Aber passend!)

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Dieser 69-jährigen Pensionistin bleiben 300 € zum Leben! Und am Schluss sagt sie dann: Ich möchte sehen, was ein Politiker täte, wenn er so wenig Geld hätte! (Abg. Wattaul: Fragen Sie einmal den Blecha!)

Diese 69-jährige Pensionistin bringt es auf den Punkt, und ich glaube auch, dass so manche hier herinnen nicht mehr wissen, was es heißt, mit 300 € leben zu müssen, wenn der berühmte Warenkorb, wenn die Preise für Nahrungsmittel doppelt so hoch wie die Inflationsrate gestiegen sind. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte wissen, wie das bei den großen Gewinnern der Steuerreform – beim Milliar­där Bartenstein und beim Milliardär Prinzhorn beispielsweise – ist, wenn denen einmal 50, 100 oder 200 € fehlen. – Für die ist das sicherlich ein Klacks, ein Trinkgeld, ein Nichts geradezu!

Ich behaupte: Die Mitglieder dieser Bundesregierung wissen nicht, unter welchen Be­dingungen der größte Teil der österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten leben muss! Die wissen nicht einmal, was Butter, was Brot oder was Milch kostet! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wie wäre es anders möglich, dass Herr Minister Bartenstein in der „Pressestunde“, fast verächtlich, sagt: Das sind ja subjektive Verluste: 1, 2, 3, 4, 5 €, so quasi: Die sollen sich doch nichts antun wegen der paar „Netsch“, die sie nicht mehr bekommen! – Eine ungeheuerliche Gesinnung tritt da zu Tage! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das wird nur noch durch den Zynismus des heute nicht anwesenden Bundeskanzlers übertroffen, der meinte, das sei geplant gewesen und sei vernünftig. Aber der härtere Teil seiner Aussage ist ja der, wo er von den Menschen über 60 spricht, die fast die Hälfte der gesamten Gesundheitskosten tragen müssen – so quasi: Selber schuld, wenn du so alt wirst! Selber schuld, wenn du krank wirst! Und wenn du schon so alt und so krank bist, dann zahlst du gefälligst auch selbst! – Das ist ein ungeheurer Zynis­mus, und ich will eines nicht mehr: Herr Präsident, Sie bezeichnen die ÖVP immer noch als christlich und sozial. (Ruf bei der ÖVP: Jawohl!) Bitte streichen Sie das Wort „sozial“ und streichen Sie das Wort „christlich“! (Ruf: Was bleibt dann noch übrig?) Das stimmt mit der Politik, die diese Partei in der Regierung trägt, nicht mehr überein! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Es war ein Pensionsraub über die Hintertür! Wenn wir nicht die Öffentlichkeit dafür ge­schaffen hätten, gäbe es heute nicht diesen Rückzieher, diesen kleinen Teilrückzieher der Regierung. Aber der Gipfel ist – was ich heute auch wieder im „Standard“ lesen musste (Abg. Großruck: ... haben Sie eh selber geschrieben!) –, dass bei der Vergabe der Differenz Landeshauptmann Schausberger ein Merkblatt unter den wartenden Pen­sionisten verteilen ließ, in dem drinnen gestanden ist: Sie haben ja gar keine recht­lichen Ansprüche darauf – nur ich, der landesfürstliche Gönner Schausberger, gebe euch jetzt die Differenz!

 


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