Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 190

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Ich möchte hinzufügen, dass wir alle mit Interesse die Diskussion über den Barcelona-Prozess, die berühmte euro-mediterrane Außenministerkonferenz, die 1995 im Novem­ber stattgefunden hat, verfolgt haben. Dort wurde über eine euro-mediterrane Partner­schaft verhandelt, was man nur begrüßen kann. Die vielen Probleme, die sich in die­sem Raum entwickeln, betreffen eben nicht nur die militärische Komponente, sondern auch eine kulturelle, eine wirtschaftliche Komponente, aber nicht primär die wirtschaft­liche Komponente.

Frau Außenministerin, ich glaube, wir hatten einmal eine Sitzung im Außenpolitischen Ausschuss, bei der Sie die Ideen und die Initiativen, die Joschka Fischer entwickelt hat, unterstützt haben. Es ist immer so, es wird kommentiert, es wird interpretiert. Aber die Frage ist: Wo sind die Initiativen, die Sie setzen?, damit dann Joschka Fischer sagt: Das, was die Frau Außenministerin Benita Ferrero-Waldner macht, finde ich interes­sant, das sollte man eigentlich unterstützen. – Wissen Sie, das ist anscheinend der qualitative Unterschied in der Außenpolitik. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner.) – Diese Kritik werden Sie schon noch vertragen, weil Sie da gerade etwas unwillig gemurmelt haben.

Es ist jedenfalls so, dass diese Anmerkung, so glaube ich, berechtigt ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das eine oder andere zustimmende Lächeln bei den ÖVP-Abgeordneten (Abg. Mag. Molterer: Zustimmung für Ferrero-Waldner!) bestätigt mir, dass ich in meiner Kritik anscheinend wirklich auf dem richtigen Weg bin.

Das Entscheidende der Idee des Joschka Fischer ist – obzwar er die NATO-Initiative als Teil dieser Idee präsentiert und der Barcelona-Prozess dabei die Basis bildet –, dass der wahre Kampf gegen den Terrorismus nicht ein primär militärischer ist. Es geht sehr wohl um Fragen der sozialen und kulturellen Modernisierung, um Fragen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Frauenrechte und um die Frage, wie Regie­rungen geführt und koordiniert werden. Es geht auch darum, dass auf dieser Basis ein kultureller Verständigungs-, ja vielleicht sogar Integrationsprozess vor sich geht.

Da kann man dann unterschiedlicher Meinung sein, wie beispielsweise die Franzosen angemerkt haben, dass man das zuerst im nördlichen und südlichen Mittelmeerraum ansetzen muss und sich dann in den östlichen Mittelmeerraum weiterentwickelt. Aber die Grundidee, diese Initiativen wirklich zu setzen, so glaube ich, ist eine Idee, die ein Eigenständigkeitssignal aussendet, auch gegenüber den Vereinigten Staaten. Sie ist eine Idee, die der Europäischen Union eine Positionierung im Mittelmeerraum gibt. Sie wissen, die Probleme, die wir haben, sind natürlich auch wirtschaftlicher Natur. Natür­lich hätten wir gerne, dass sich Algerien, Marokko, Tunesien, also die Maghreb-Zone, so entwickeln, dass dort keine Migrationsströme entstehen, sondern dass dort eine Infrastruktur entsteht, dass es eine wirtschaftliche Basis gibt, dass man einen Wert dar­in sieht, auch dort tätig zu sein, dass aber auch in der Assoziierung und in der Zusam­menarbeit für beide Seiten etwas Sinnvolles entsteht.

Das kann sich nicht nur auf die Frage der Freihandelszone oder auf die wirtschaftliche Frage beschränken, das kann sich auch nicht allein auf die militärische Komponente beschränken. Jeder Kampf gegen den Terrorismus, der sich auf einen militärischen Kampf verkürzt, greift zu kurz. Das ist vielleicht für die Rüstungsindustrie etwas Interes­santes, aber das wird letztlich nichts lösen. Daher ist diese Fischer-Initiative eine sehr positive. Sie sollte in diesem Gesamtkunstwerk, würde ich fast sagen, auch als solche verstanden und begriffen werden. – Schade, Frau Außenministerin, dass nicht Ihnen diese Idee gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

 


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