Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 94

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alle traumatisierten Opfer – und das kann in sehr vielen Bereichen der Fall sein – haben ein Recht auf eine schonende Einvernahme. Anderes ist ihnen gegenüber unverantwortlich.

Eine Politik, die die Interessen der Opfer wahrt, muss anders aussehen und darf nicht in zwei Klassen unterteilen. Eine schonende Einvernahme muss jedem Opfer er­möglicht werden, ganz gleich, um welches Delikt es sich dabei handelt.

Ein weiterer Punkt ist die Prozessbegleitung; auch diese wurde schon erwähnt. Es ist wichtig, dass man die Interventionsstellen auch mit den entsprechenden finanziellen Mitteln ausstattet. Bis jetzt ist es nämlich so gewesen, dass Prozessbegleitung nur sehr punktuell stattfinden konnte und sehr viele Opfer, die das benötigt hätten, ganz einfach keine Prozessbegleitung in Anspruch nehmen konnten, weil Interventions­stel­len nicht mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet wurden und daher keine Beglei­tung geben konnten.

Es gibt noch ein weiteres Defizit. Dass bei der polizeilichen Vernehmung über die Möglichkeit der juristischen und psychosozialen Prozessbegleitung informiert werden muss, war ursprünglich in dieser Ausführlichkeit im Antrag enthalten, ist aber aus unerklärlichen Gründen im jetzigen Antrag wieder verkürzt worden. Jetzt heißt es: spätestens vor ihrer ersten Befragung über die Voraussetzung der Prozessbegleitung zu informieren. Und das ist doch sehr wenig, die Opfer nur über die Voraussetzung der Prozessbegleitung zu informieren. Es müsste eine umfassende Information über die Rechte der Opfer gegeben werden.

Gestrichen wurde in dieser Novelle auch, dass die Anklageschrift den Opfern zugestellt wird. Das heißt aber auch, dass die Opfer an der Vorbereitung zur Hauptverhandlung, am Stellen von Beweisanträgen gehindert werden.

Zur Durchsetzung von Opferrechten – das ist heute auch schon gesagt worden – braucht man auch ein Rechtsinstrument, und das ist die Nichtigkeitsbeschwerde, die auch im ursprünglichen Entwurf im Jänner enthalten war und aus unerklärlichen Gründen wieder aus dem Gesetz genommen wurde. Es ist mit nichts zu erklären, dass den Opfern das Recht genommen wird, gegen eine nicht rechtskonforme schonende Einvernahme, gegen rechtswidrige Nichterledigung von Beweisanträgen Beschwerde einzulegen. Es ist eine völlig zahnlose Regelung der Opferrechte, frei nach dem Motto: Wasch’ mich, aber mach’ mich dabei nicht nass! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass auch die Möglichkeit der Schulung für Staatsanwälte, für Richter, für Exekutivbeamte im richtigen Umgang mit den Opfern wichtig ist. Einer Anfragebeantwortung ist zu entnehmen, dass für das heurige Jahr drei Schulungs- oder Weiterbildungsveranstaltungen vorgesehen sind. Ich denke, das ist wahrscheinlich nicht ausreichend, das ist unzureichend, und es müssten noch viel mehr solche Veranstaltungen angesetzt werden, vor allem wenn man weiß, dass ein Sechstel der Opfer unter einem Trauma leidet.

Zusammenfassend – und nach allen vorgebrachten Schwachstellen – möchte ich in Bezug auf die Opferrechte noch einmal festhalten, dass es positiv ist, dass da grund­sätzlich etwas geschieht, aber es ist nicht ausreichend. Es ist eine Verbesserung, die lücken- und mangelhaft ist, die herzlos und visionslos ausgefallen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

14.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


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