Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.
16.45
Abgeordnete
Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr
Kollege Bösch, was dem internationalen Terrorismus sicher nicht gelingen darf,
das ist, zentrale Werte unserer Gesellschaft, nämlich Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und den Schutz der Menschenrechte, zugunsten eines
Überwachungsstaates zu opfern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der
Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Und wenn es kracht, ist es zu
spät!)
Es ist ein Alarmsignal, wenn Herr
Innenminister Strasser in seiner ersten Reaktion auf den fürchterlichen
Terroranschlag in Madrid nach Überwachungsmaßnahmen ruft, die sicher nichts mit
der Terrorbekämpfung zu tun haben. Die Videoüberwachung, Herr Innenminister,
kann unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere in Menschenmengen, zur
Bekämpfung von und als Prävention gegen Kleinkriminalität an manchen Orten
sinnvoll sein, mit Sicherheit ist sie aber kein taugliches Mittel
zur Terrorismusbekämpfung. Herr Minister, so blöd ist kein Terrorist, dass er
einen Anschlag dort vorbereitet, wo ihn Videokameras überwachen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Was aber besonders nachdenklich stimmt, Herr Minister, sind Ihre Phantasien – die Phantasien des Herrn Minister Ernst Strasser. Er sieht eine Dokumentation im Kunstsender ARTE und erklärt dann beinahe euphorisch bei einer Pressekonferenz, was in Island, in Reykjavik, am Tatort des Geschehens, stattfindet: 400 Videokameras, die die Menschen an allen öffentlichen Plätzen überwachen, und das Ganze wird auch noch direkt in die Wohnzimmer der Bürger und Bürgerinnen übertragen.
Das, Herr Minister, sehen Sie als vorbildhaft, das gefällt Ihnen! Da frage ich Sie: Ist das Ihre „schöne neue Welt“, Herr Bundesminister? Sind das Ihre Vorstellungen von der Zukunft?
Das Buch „1984“ von George Orwell und auch das Werk „Das Wittgenstein-Programm“, das ebenfalls von dieser Thematik handelt, fallen mir in diesem Zusammenhang ein. Ich frage Sie, Herr Minister: Was lesen Sie denn eigentlich, und was inspiriert Sie zu solchen Ideen, zu solchen Phantasien? Da wird einem Angst und Bange!
Kollege Dr. Spindelegger hat am Beginn seiner Rede hier gesagt, es sollte hier einen nationalen Schulterschluss geben, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus sei eine wichtige Sache. Dazu darf ich Ihnen sagen, Herr Dr. Spindelegger: Selbstverständlich sehen wir das auch so, aber es darf nicht auf Kosten des Rechtsstaates, auf Kosten der Freiheit der Menschen und auf Kosten der Grundrechte gehen. Da geht es darum, die entsprechende Rechtsgüterabwägung vorzunehmen (Abg. Wittauer: Wo hast du das gelesen? – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), die Balance zwischen den Rechtsgütern der Sicherheit und der Rechtsstaatlichkeit zu finden. (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich auch zu dem ganzen Thema „europäische Geheimdienste“ etwas sagen, weil das Herr Kollege Miedl in die Debatte eingebracht hat. Zur Erinnerung, Herr Kollege Miedl: Minister Strasser hat im Februar von einem europäischen Geheimdienst gesprochen. Im Laufe der Debatte ist man übereingekommen, dass es zu einem Koordinator kommen muss. Ich sage Ihnen eines: Das, was auszubauen ist, sind die Kontrollrechte des Europäischen Parlaments, und wichtig ist der Beschluss einer Europäischen Verfassung.
Lassen Sie mich damit enden, was der Direktor des Deutschen Orient-Instituts Udo Steinbach und Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker zu diesem Thema