Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 36

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nischen Behandlung ansieht, könnte man den Eindruck bekommen, die Intensiv­medi­zin wurde für die Männer erfunden und die Psychopharmaka für die Frauen. – Das kann keine befriedigende Situation sein, wenn man eine gleichberechtigte, gleich gute medizinische Versorgung für beide Geschlechter erreichen will.

Wir haben hier in den verschiedensten Bereichen dringenden Handlungsbedarf – ich sage nur ein paar Schlagworte, weil ich nicht im Detail darauf eingehen kann –: Jeden­falls muss man sich anschauen, wie die Situation in Österreich in der intensivmedizini­schen Betreuung, also zum Beispiel Kardiologie, Organtransplantationen und so weiter, ausschaut und wieweit Frauen dort diskriminiert werden.

Man muss sich jedenfalls auch anschauen, wie die Karrieremöglichkeiten von Frauen im Gesundheitssektor ausschauen. Zum Beispiel werden im medizinischen Bereich noch immer 20 Prozent der Habilitationen von Frauen eingereicht, während bei den Berufungen auf Professuren die Quote der Männer exakt 100 Prozent beträgt, also keine einzige Frau darunter fällt. Ich glaube also, da gibt es jede Menge Handlungs­bedarf!

Ich möchte aber bei einem ganz konkreten Punkt ansetzen, der beim Arznei­mittelgesetz natürlich auf der Hand liegt, nämlich der Tatsache, dass bei der Arznei­mittel­prüfung im Regelfall der Mann das Maß der Dinge ist. Das heißt, Medikamente werden in der Testphase hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich an männlichen Test­personen erprobt, weil deren Organismus ein bisschen einfacher strukturiert ist und es keine Verwerfungen durch hormonelle Schwankungen im Laufe des Frauenzyklusses gibt, weil ein geringeres Risiko besteht, dass der Mann während der Testperiode schwanger wird, was bei manchen Frauen noch immer als Hauptgrund angeführt wird, warum man sie nicht nimmt, und weil offensichtlich die Medizin in vielen Fällen auch geschlechterblind ist.

Es gibt einige international bewährte Modelle, wo inzwischen gesagt wird, es ist aber wichtig, dass Medikamente und ihre Wirkung auf Frauen genauso getestet werden, weil man nämlich festgestellt hat, dass sich Medikamente, und zwar schon so einfache wie zum Beispiel Aspirin, auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirken können, weil häufig die Dosierungen für Frauen, aber auch für Kinder falsch angegeben wer­den. Das heißt, es ist eindeutig notwendig, in der Erprobungsphase eines neuen Medikamentes seine Auswirkungen gezielt auf Männer, Frauen und Kinder zu testen, was heute nicht gang und gäbe ist.

Ich habe vor nicht einmal einem Jahr die Frau Ministerin im Budgetausschuss gefragt, wie sie denn das in Österreich handhabt, und hatte damals den Eindruck, auf blankes Unverständnis zu stoßen, und zwar derart, was die Frage denn soll, und habe den Hinweis bekommen, dass Hormonpräparate wie die Antibabypille ohnehin an Frauen getestet werden. Jetzt bin ich ziemlich beruhigt.

Das, was nicht passiert, ist allerdings, dass man in Österreich gezielt darauf schaut, dass alle Medikamente auch an Frauen erprobt wurden. Inzwischen hat zumindest ein gewisser Lernprozess eingesetzt. Im Ausschuss – ich glaube, es war vor einer Woche – hat die Frau Ministerin immerhin darauf hingewiesen, dass inzwischen bei den großen Firmen in den Arzneimittelerprobungsphasen meist ohnehin auch schon Frauen zu einem bestimmten Prozentsatz mit ins Sample aufgenommen werden. Mich alleine darauf zu verlassen, dass dies von selbst passiert, ist mir aber auch zu wenig. Ich würde daher gerne sicherstellen, dass wir in Österreich ganz gezielt darauf achten, nur dann Medikamente zuzulassen oder gar pharmakologische Studien zu fördern, wenn gleichermaßen an Männern und Frauen getestet wird. Da könnten wir uns ein Bei­spiel nehmen an den National Institutes of Health in den USA, die pharma­kologische Studien nur noch dann fördern, wenn Männer und Frauen beteiligt sind.

 


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