Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 97

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bei der Industrie anstellen lässt, damit sie dort die Hand aufheben und Geld be­kommen, ja dieses Geld auch noch zugesteckt bekommen und dann – wie Sie sagen – Kinderfotos veröffentlichen. Das ist ja gar nicht mehr das Problem, sondern das Problem ist, dass jemand hingeht, die Hand aufhält und ein anderer da ist und das Geld zusteckt. Das Ganze spielt sich im Finanzministerium ab. Da dämmert Ihnen nichts? Also wirklich! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Sie wollten doch zur Sache reden!) – Das ist leider deshalb zur Sache, Herr Vizeklub­obmann Stummvoll, weil viele Finanzgesetze in Österreich sich dann auch in diesem Lichte so ausnehmen, dass man sich schon, jetzt an Ihrer Stelle, die Frage gefallen lassen muss: Was ist denn da los? (Abg. Dr. Stummvoll: Na geh!)

Was ist das für eine Steueramnestie? Das gibt es nirgendwo anders auf der Welt, dass man sozusagen eine Quote von 40 Prozent jenes Betrages, den man schuldet, zurück­zahlt und 60 Prozent ohne Genierer davongetragen werden können. Das scheint mir hinterfragenswert zu sein. Was ist da eine Amnestie? – Das hat nichts mit Amnestie zu tun! Wenn sich das im Wiederholungsfalle einschleicht, ist das die Vorankündigung dafür, dass in Zukunft überhaupt am besten kaum jemand Steuer bezahlt, in der Hoffnung, dass er in ein paar Jahren nur mehr 40 Prozent von dem zahlt, was er vor­her zu 100 Prozent hätte begleichen sollen. Das ist doch völlig absurd!

Da können Sie gleich inserieren, dass Juwelendiebe künftighin auf der Kärntner Straße nicht mehr mit Verfolgung zu rechnen brauchen, wenn sie beim Stephansdom in die Anonymklappe sozusagen 40 Prozent der Beute hineinlegen. Dann kann am Schwe­denplatz schon die Party gefeiert werden. Das ist doch Ihre Logik! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Jetzt frage ich mich: Kinderfotos? – Nein, sondern ein Finanzminister, der nicht den Trennstrich ziehen kann zwischen dem, wo er die Hand noch aufhalten kann, und dem, wo er sie besser zurückziehen soll. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das ist das Problem, und mit dem werden wir uns offensichtlich zumindest noch ein paar Monate beschäftigen müssen.

Zum Entwurf zur Errichtung der Buchhaltungsagentur – Kollegin Sburny ist da sehr eingearbeitet, die wird das mindestens so gut machen wie ich – sage ich aus zeit­ökonomischen Gründen nicht mehr so viel.

Um nun vom Finanzminister auf dieses Thema zu kommen: Ist Ihnen aufgefallen, Herr Vizeklubobmann, dass dieses Gesetz dieses Institut der Agentur überhaupt erst einmal erschafft, zumindest rein juristisch? Ist Ihnen weiters aufgefallen, dass dort eine Ge­schäftsführung bestellt werden soll? Das ist ja noch nichts Schlechtes, aber diese Geschäftsführung wurde schon ausgeschrieben und bestellt von einer Institution, die erst heute sozusagen mit dem Abstand der Veröffentlichung dieses hier von Ihnen zu verabschiedenden Gesetzes das Licht der Welt erblickt. Fällt Ihnen da nichts auf? Dämmert Ihnen da nichts?

Mir kommt das komisch vor. Es mag rationale Gründe geben, warum die Geschäfts­führer rechtzeitig beim Umstrukturierungsprozess dabei sein sollen, aber eine recht­liche Konstruktion dergestalt, dass schon Geschäftsführer bestellt werden – wo man nie sicher sein kann, wie angetüncht und eingefärbt die sind –, nur damit sie rechtzeitig vorhanden sind, damit ja alles wieder wunderbar zusammenpasst, erscheint mir schon etwas eigenartig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das Problem bei diesem Finanzminister ist auch, dass Leute ... (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Leider kann man vielleicht sogar schon von sicheren Prognosen ausgehen. Ich erinnere an den Fall, in dem etwa in einer bestimmten ausgegliederten Institution – und um eine solche geht es auch in diesem Fall wieder – in einem offenen Aus­schrei­beverfahren genau der Bewerber, der es später geworden ist, dem Finanzminister


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