Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 113

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Österreich genoss über Jahrzehnte als Land des sozialen Ausgleichs und des sozial­partnerschaftlichen Dialogs weit über unsere Grenzen hinaus eine hohe Wertschät­zung. Die Regierung hat diesen Weg in den letzten Jahren bewusst verlassen.

Mit der Vorlage des Gesetzesentwurfs zur „Pensionsreform 2003“ erreichte diese auf Konfrontation ausgelegte neue politische Ausrichtung im Frühjahr 2003 ihren Höhepunkt. Die gesetzliche Pensionsversicherung hätte nach den Plänen der Bundes­regierung mit einem Schlag drastisch zurückgestutzt werden sollen.

Ein Rückblick auf die ursprünglichen Pläne der Regierung zeigt in aller Deutlichkeit, was da auf dem Spiel stand. Der Gesetzesentwurf von Sozialminister Haupt, der am 31. März 2003 in die Begutachtung ging, enthielt im wesentlichen folgende Punkte:

Dramatische Sofort-Kürzung der Pensionsansprüche von Menschen, die bereits knapp vor Erreichung des Pensionsalters gestanden sind

Die Regierung selbst hat die beabsichtigten Kürzungen in den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf in folgender Weise beschrieben: „Im Jahr 2004 dürfte der kumulative Pensionsverlust bei durchschnittlich rund 13,5 % liegen, im Jahr 2005 bei 14,5 % und im Jahr 2006 bei rund 15,5 %. Im Jahr 2007 wird die durchschnittliche Pen­sions­minderung bei rund 16,5 % liegen.“ Zu beachten ist, dass es sich hier um Durch­schnittswerte handelt – in vielen Fällen wären die Sofort-Verluste sogar noch viel höher gewesen!!!

Kurzfristig angesetzte Verunmöglichung des Pensionsantritts vor 65/60

Alle vorzeitigen Alterspensionen sollten abgeschafft werden. Übergangsregelungen waren nur für 5 Geburtsjahrgänge vorgesehen!!!

Demolierung des Pensionssystems für die Jüngeren

Bei Umsetzung des ursprünglichen Gesetzesentwurfs hätten die Jüngeren mit Pen­sionskürzungen im Ausmaß von 30 bis 40 Prozent rechnen müssen – und in etlichen Fällen wären die Verluste sogar noch krasser ausgefallen!!!

Klar war, dass so etwas von der Mehrheit der Österreicherinnen und Österreichern nicht hingenommen werden konnte. Mit dem Engagement hunderttausender Menschen und unter dem politischen Druck der SPÖ ist es letztlich gelungen, die Regierung zu einem deutlichen Einlenken zu zwingen. Etwas längere Übergangsfristen bei der Anhebung des Pensionsalters und eine 10-Prozent-„Deckelung“ der Verluste wurden zugestanden. Dazu folgte noch eine Absichtserklärung zur raschen Pensionshar­monisierung.

Ruft man sich die ursprünglichen Pläne der Regierung zur „Pensionsreform 2003“ in Erinnerung, so sieht man, dass sich der Widerstand durchaus gelohnt hat.

Wenngleich die Regierung letztlich deutlich zurückstecken musste – die schon im Grundansatz verfehlte „Pensionsreform 2003“ wurde aber dadurch auch nicht akzep­tabel: Sie ist selbst in der „abgespeckten“ Version noch immer in hohem Maße un­sozial, und sie ist auch sachlich nicht begründbar.

Die Finanzierungsperspektive der gesetzlichen Pensionsversicherung ist bei weitem nicht so schlecht wie von den Regierungsparteien immer wieder behauptet wurde und wird.

In den Erläuternden Bemerkungen des Regierungsentwurfs zur „Pensionsreform 2003“ findet sich eine sehr aufschlussreiche Darstellung der Kostenentwicklung der gesetz­lichen Pensionsversicherung in den Jahren 2003 bis 2007:

 


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