Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 119

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Gewissen Genüge getan wird, haben Sie dann Ihre einmaligen Einmalzahlungen beschlossen. Das ist ja in Wirklichkeit ein Eingeständnis, das Sie damit getätigt haben, und das kann man daher nicht oft genug kritisieren!

Aber Sie gehen in der Broschüre noch weiter – und das ist der ideologische Kern Ihrer Weltanschauung, aber zugleich auch Ihrer Veränderung, Ihrer neo-liberal motivierten unsozialen Veränderung unter dem Motto: Weniger Staat, mehr privat!, was übersetzt heißt: Weniger Sicherheit, mehr Risiko für den Einzelnen. – Das heißt es in Wirk­lichkeit, ja! Das ist nämlich das, was Sie meinen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ord­neten der Grünen.)

Sie geben in dieser Broschüre sogar Folgendes zu, Sie sagen – ich zitiere –:

„Diese möglichen Verluste kann man durch eine eigene private Zusatzpension aus­gleichen, die vom Staat gefördert wird. Zusätzlich gibt es auch noch die betriebliche Mitarbeitervorsorge.“

Na, super! Also Sie sagen auf Deutsch: Das Umlageverfahren nach dem Solidarprinzip ist zwar gut, aber das reduzieren wir einmal saftig runter, und ansonsten soll jeder schauen, wie er weiterkommt. Dann soll er sich halt eine private Vorsorge orga­nisieren! – Na das ist ein soziales Gewissen! Da interessiert Sie ja überhaupt nicht die Frage, wer das kann und wer das nicht kann. Das ist für Sie unbedeutend! Die Schwächeren in unserer Gesellschaft, die Benachteiligten in unserer Gesellschaft, die Modernisierungsverlierer – Sie haben früher gesagt: der „kleine Mann“, die „kleine Frau“ –, die spielen bei Ihnen keine Rolle. Bei der Steuerreform hat bei Ihnen auch der Mittelstand keine Rolle gespielt. Ich stelle mir langsam die Frage, wer bei Ihnen überhaupt eine Rolle spielt, außer Sie selbst!

Aber das ist jedenfalls das Credo in dieser Broschüre: Sie geben zu, dass es Verluste gibt, Sie geben zu, dass es Kürzungen gibt, Sie geben zu, dass Sie hier wirkliche Veränderungen in unserem Sozialsystem durchführen wollen, und Sie sagen: Schmeck’s! Kümmere dich selber drum! Lass uns in Ruhe!, verbrämt halt mit dem Satz: „Weniger Staat und mehr privat“. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) – Nun, es stimmt! Geben Sie es doch zu! Ich weiß es ohnedies, dass Sie das vorgehabt haben.

Jetzt sage ich Ihnen ein paar Dinge, die Sie einfach wissen sollten – und die konkreten Beispiele sind immer die besten –:

Ich habe einen Brief bekommen von einer Frau mit zwei Kindern, die am 1. Februar einen Pensionsbescheid erhalten hat, die mit 56 Jahren und vier Monaten mit 41,2 Ver­sicherungsjahren in Pension gegangen ist. (Abg. Mag. Tancsits: Mit 56 Jahren!) Sie ist nach der Geburt ihrer Kinder immer relativ rasch wieder arbeiten gegangen. Sie hat auf Grund dieser neuen Pensionsberechnungen der Bundesregierung heuer bereits eine Kürzung ihrer Pension von 10 Prozent! Statt 1 012 € erhält sie 911 €. Sie verliert damit monatlich 101 €! (Abg. Ellmauer: Das war dem Gusenbauer seine ...! Das hat der Gusenbauer schon ...!) Und Sie wissen ganz genau, dass das einen jährlichen Verlust von 1 417 € bedeutet!

Sie kann vielleicht einmal zum Härtefonds gehen – das ist überhaupt Ihr Almosen­prinzip, das Sie mittlerweile ja generell vertreten, bis hin zu den Landeshauptleuten: das Almosensystem. Dann kommt wahrscheinlich irgendwann noch das „Charity“-Sys­tem, wo sich dann die feinen Kreise ein bisschen zusammentun und ein bisschen Spenden sammeln – meistens ist das vor Weihnachten üblich. (Zwischenrufe der Ab­ge­ordneten Schöls und Dr. Wolfmayr. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist zwar nett und gut und soll unterstützt werden, hat aber mit Sozialstaat und mit


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