Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 154

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Herr Sozialminister, Sie kennen noch weit dramatischere Zahlen aus den Auswer­tun­gen der betrieblichen Sterbekasse, ich habe Ihnen gestern wieder Zahlen dazu gege­ben. Und die Realität, die diese Zahlen aufzeigen, sieht noch viel dramatischer aus: Unter mehr als 4 000 recherchierten Fällen beträgt das durchschnittliche Sterbealter der Nacht-, Schicht- und Schwerstarbeiter nicht einmal 60 Jahre. Und unter den un­sozialen schwarz-blauen Rahmenbedingungen bedeutet dies für die Nacht- und Schichtarbeiter den Tod noch vor Erreichen des Regelpensionsalters. (Abg. Scheib­ner: Jetzt halten Sie sich einmal ein bisschen zurück!)

Meine Damen und Herren! Das ist menschenverachtend und zynisch! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner – in Richtung Präsidium –: Was ist denn da los?)

Hinter diesen erschreckenden Zahlen stehen Menschen und ihre Schicksale. (Abg. Lentsch: Seit vier Jahren gibt es diese Regierung!) Und ich sage Ihnen noch einmal ausdrücklich, wie sehr sich normale Arbeit in ihrer Auswirkung von Nacht- und Schwerstarbeit unterscheidet: Während Angestellte in der Tagarbeit ziemlich exakt das statistische Durchschnittsalter erreichen, leben diejenigen unter Ihnen, die Schicht­arbeit leisten, weniger lange; ebenfalls geringer ist die Zahl bei den Arbeitern. Und noch einmal reduziert wird dann bei den Nacht- und Schwerarbeitern die durch­schnittliche Lebenserwartung.

Meine Damen und Herren! Auch die Gründe dafür sind einleuchtend, wenn auch erschütternd: Menschen, die in Schicht arbeiten, müssen selbst bei gleichen Arbeits­vorgängen wie für die am Tag Beschäftigten mehr Energie aufwenden als solche in der Normalarbeitszeit. Und Experten beziffern den Mehraufwand mit 150 und ab dem 45. Lebensjahr sogar mit 200 Prozent. Und dass man dadurch früher ausgepowert und verbraucht ist, ist, glaube ich, sicherlich einleuchtend!

Gerade im Bereich der Nachtarbeit paart sich das mit einer höheren Anfälligkeit für Krankheiten. Alleine Herz- und Kreislauferkrankungen treten hier im Durchschnitt dop­pelt so häufig wie in der Gesamtgesellschaft auf. (Abg. Lentsch: Dafür ist ja die Regierung nicht zuständig!) Bei den Magen- und Darmerkrankungen beträgt die Steigerung sogar noch mehr, nämlich rund 400 Prozent. All das sind wissenschaftlich belegte Zahlen und Daten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen: Es ist höchste Zeit zu handeln! Sorgen wir doch dafür, dass all jene, die uns in guten Zeiten genehm sind, gerade in schlechten Zeiten, die Sie herbeigeführt haben, nicht im Regen stehen müssen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Weinzinger.)

Mit Ihrer Pensionsreform sind diese Menschen zum Sterben vor der Zeit im aktiven Arbeitsleben verurteilt. Diese Menschen werden ihre Pension, die sich verdient haben, durch Ihre unsoziale Reform nicht mehr antreten können.

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen dazu wieder eine Lösung vor. (Zwi­schenruf der Abg. Lentsch.) Eine Lösung, die sehr schnell umgesetzt werden könnte, wäre die Änderung des Nachtschwerarbeitsgesetzes, wie ich es schon im Juni 2003 hier gefordert habe. Und trotz der Zusage des Herrn Sozialministers ist eben bis heute nichts geschehen.

Reden Sie von den Regierungsparteien nicht nur, sondern handeln Sie doch endlich! Im Sozialausschuss liegt seit Monaten unser diesbezüglicher Entschließungsantrag. Behandeln und beschließen Sie ihn dort schnellstens, und zeigen Sie dadurch, dass Sie wenigstens noch eine Spur an sozialem Gewissen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

17.17

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte, Herr Minister.

 


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