Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 31

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den Übergangsfristen eine solide Regelung gefunden haben. Diese solide Regelung soll aber eher die Übergangsängste abdecken, denn in Wirklichkeit müssen wir auch in diesem Bereich die Erweiterung leben, und leben heißt, mit der Praxis fertig zu werden.

Wenn wir jetzt nichts tun und nicht Schritt für Schritt die Praktikantenabkommen, die Grenzgängerabkommen in Geltung setzen, dann ist die Frage berechtigt: Was werden wir dann haben? – Wir werden Schwarzarbeit in enormem Ausmaß erleben!

Wir haben eine Hotline im Bereich der Wirtschaftskammer installiert. Diese Hotline be­schäftigt sich nicht mit makroökonomischen Fragen, sondern damit: Jetzt kommen all die Trupps nach Österreich, die gleich das gesamte Asbest, das sie irgendwo ab­reißen, nach Tschechien oder in die Slowakei liefern. Wie schaut es mit den Um­weltstandards und dergleichen aus?

Daher müssen wir meiner Meinung nach diesbezüglich in den offiziellen Bereich hinein­gehen. Wir haben wunderbarerweise auch im Dienstleistungsbereich die Über­gangsfristen, aber wir sollten Schritt für Schritt die Erweiterung leben lernen. Was heißt Erweiterung? – Das heißt mehr Handeln, das heißt mehr Bewegung. Nur dort, wo Bewegung ist, ist auch Kaufkraft.

Dasselbe gilt für die Ladenöffnungszeiten. Voriges Jahr hat noch jeder gesagt: Das brauchen wir nicht. Jetzt gibt es die Erweiterung, und jetzt können Sie in den Zeitungen lesen: Auch unsere Betriebe haben erkannt, dass in den Erweiterungsstaaten die Geschäfte bis 22 Uhr und am Sonntag offen haben.

Daher heißt Erweiterung nicht automatisch Chance für jeden. Erweiterung heißt mehr Bewegung, heißt mehr Möglichkeiten, aber diese Möglichkeiten müssen wir ent­sprechend aufnehmen. Damit wir die Differenz zwischen der persönlichen Erwartungs­haltung und den angesprochenen makroökonomischen Vorteilen überbrücken, damit wir den Weg zwischen Anspruch und Wirklichkeit überwinden, müssen wir den ge­lebten Dialog, die gelebte Realität angehen. Das heißt: Tagesarbeit und weg mit den Sektgläsern! Gehen wir es an, leben wir die Erweiterung wirklich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.30

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesre­gierung! Meine Damen und Herren! Auch wir Sozialdemokraten begrüßen die neuen Mitglieder. Die Erweiterung der EU ist für uns ein Projekt des Friedens und der Soli­darität, aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht erwarten alle – sowohl die bisherigen 15 als auch die neuen zehn Länder – Vorteile und Gewinne.

Es stimmt, dass Österreich zu den Ländern gehört, die einen Großteil ihrer Ernte auf Grund des Falls des Eisernen Vorhanges und der nun vollzogenen Erweiterung in den letzten eineinhalb Jahrzehnten schon eingebracht haben. Viele österreichische Unter­nehmungen haben sich einen guten Platz in diesem neuen Wirtschaftsraum gesichert.

Wir dürfen aber eines nicht übersehen: Mit dem Rückenwind, wie Sie es nennen, ist es so eine Sache: Er bläst einem nur dann in den Rücken, er beschleunigt einen nur dann, wenn man in der richtigen Position ist, wenn er aus der richtigen Richtung kommt und wenn man sich selbst in die richtige Richtung bewegt.

Das mag in vielen Bereichen, die von der Wirtschaft und den Unternehmungen be­stimmt sind, der Fall sein, für die Regierung gilt es leider nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Österreich bestimmt – um bei Ihrem Wort zu bleiben – die Windrichtung nicht


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