Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 33

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Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sehen selbstverständlich in diesem Pro­jekt der Erweiterung der Europäischen Union, in dieser Friedens-, Sozial- und Wirt­schaftsunion auch eine entscheidende und eine historische Chance. Deshalb haben wir hier im Nationalrat all diesen Entscheidungen zugestimmt, weil wir sehen, wie wichtig dieser Schritt für die Zukunft Europas ist.

Wir haben diese Zustimmung allerdings mit Vorbehalten gegeben. Wir haben das auch hier an den Rednerpulten und bei den Veranstaltungen immer wieder erwähnt. Nach unserer Auffassung, meine Damen und Herren, waren einige Beitrittskandidatenländer noch nicht reif für diesen wichtigen Schritt.

Wir haben vor allem immer wieder gesagt, dass die Atomkraftwerke in einigen Beitritts­ländern nicht dem europäischen Standard entsprechen und dass man auch hinsichtlich der Menschenrechts- und Minderheitenstandards noch Schritte in die Zukunft setzen muss. Ich denke hier vor allem an die Beneš-Dekrete in der Tschechischen Republik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Vorbehalte aus freiheitlicher Sicht auch laut zum Ausdruck gebracht. Wir müssen aber mittlerweile auch die Frage beant­worten, ob die EU-15 schon reif für diesen historischen Schritt waren. Wenn man sieht, wie schwierig es ist, die Unterstützung der Bevölkerungen innerhalb dieser 15 Länder für diesen Schritt zu bekommen; wenn man sieht, wie schwierig es ist, im Rahmen dieser Spesenskandale und dieser Intransparenz der europäischen Politik in ihrer Ge­samtheit eine Zustimmung für dieses Projekt zu erwirken, dann könnte man der Ansicht sein, dass es auch den EU-15 nicht geschadet hätte, noch etwas europareifer zu werden und erst dann diesen historischen Schritt zu wagen.

Meine Damen und Herren! Dieser Schritt ist jetzt getan, und wir müssen – mit „wir“ meine ich die österreichische politische Ebene – jetzt nach diesem wichtigen Schritt die Interessen unserer Republik auch in diesem vergrößerten Europa beherzt und mit Hausverstand vertreten. Darum wird es jetzt gehen.

Ein wesentlicher Punkt wird die neue europäische Verfassung sein. Meine Damen und Herren! Diese Verfassung wurde vor allem auch im Hinblick auf die Erweiterung, auf diese 25 Länder in Auftrag gegeben. Und die Verfassung stand auch unter dem Ziel von mehr Bürgernähe, mehr Klarheit, mehr Transparenz und mehr Sparsamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Auf die Einhaltung dieser Prinzipien werden wir achten müssen, vor allem aber auch auf die Bürgernähe. Deshalb ist auch die Frage einer Volksabstimmung über eine allfällige neue europäische Verfassung von so großer Bedeutung. Diese Verfassung muss nämlich in ihrem Prozedere bereits diese neue Bürgernähe innerhalb der Europäischen Union leben. Und deshalb werden wir um eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung für die gesamte Union – das ist meine Auffassung – nicht herumkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Signale, die Signale von Bürgernähe, Klarheit, Trans­parenz und Sparsamkeit – Herr Kollege Schieder, ich pflichte Ihnen auch darin bei –, sind wichtig im jetzt beginnenden EU-Wahlkampf. Bei diesem EU-Wahlkampf liegt auch die gesamte Europäische Union wieder auf der Prüfebene ihrer Bürger, und in diesem EU-Wahlkampf, in der Wahlauseinandersetzung muss es auch um diese wich­tigen Bereiche gehen.

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns aber auch im Klaren darüber sein, dass nach diesem Erweiterungsschritt die Europäische Union einmal innehalten und grund­sätzliche Dinge einmal neu überlegen soll. Die Europäische Union wird sich überlegen müssen, wie sie sich auch geographisch definiert. Wir werden nicht Gesamt-


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