Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 60

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projekte in die Erweiterungsländer, die erst nach 2011 geplant waren, vorzuziehen und beschleunigt in Angriff zu nehmen.

Schließlich wird die Bundesregierung aufgefordert, sich in der EU mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die Konsolidierung der EU – das Bewältigen der Erweiterung in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht – klaren Vorrang gegenüber jeder künftigen Erweiterung haben muss. In diesem Zusammenhang wird die Bundes­regierung abschließend ersucht, bei den heranstehenden Verhandlungen zur Euro­päischen Verfassung zu einem baldigen Abschluss beizutragen und so die Union auch künftig handlungsfähig zu erhalten.

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Scheibner. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


14.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Es stimmt schon: Die großen Feiern zur EU-Erweiterung sind vorüber. Die Plakate, die Fähnchen sind fast überall verschwunden. Es wird wieder diskutiert, nämlich darüber, warum denn die Bevölkerung in den meisten Mitglieds­ländern der Europäischen Union das nicht nachvollziehen kann, was so oft von oben verordnet wird – Begeisterung, Enthusiasmus –: die Vorteile an dieser Europäischen Union und all das sehend, was an Positivem für die Bevölkerung zu lukrieren sein wird.

Wir diskutieren jetzt wieder die Berichte über die steigende EU-Skepsis in der Bevöl­kerung, die Fragen der bedenklich niedrigen Wahlbeteiligung, die für die kommenden Europawahlen prognostiziert wird, und auch immer wieder die Angst der Regierenden in den einzelnen Ländern davor, ob sie wieder eine der Materien der Europäischen Union zum Thema einer Volksabstimmung in ihren Ländern machen sollen oder müs­sen, weil diese Volksabstimmungen meistens verloren werden.

Wo sind denn nun die Probleme in der Praxis? Warum gibt es dieses Europa­bewusstsein nicht, obwohl man doch in so vielen Hochglanzprospekten, in so vielen Inseraten, in so vielen schönen und geistigen Reden versucht, dieses Europabewusst­sein zu verordnen? Ist es nicht vielleicht – und Kollege Gusenbauer hat es wohl in einem dem Bereich der Selbstkritik zuzuordnenden Redebeitrag gesagt – dieses Schön­reden auf der nationalen Ebene?

Ich kann mich noch an viele Wortspenden vor dem EU-Beitritt Österreichs erinnern, daran, was man da alles versprochen hat – Stichwort: „Ederer-Tausender“ –, ohne den Befund über die Realität wirklich auf den Tisch zu legen, die Probleme zu diskutieren, dafür gemeinsam mit der Bevölkerung Verbesserungen und Lösungen zu suchen und auch Verständnis zu suchen.

Oder: Es heißt jetzt etwa, dass alles in Ordnung sei, dass die EU-Erweiterung ein großes und schönes Projekt sei, dass alles gut vorbereitet sei, dass all die noch offenen Fragen schon irgendwie gelöst werden würden. Aber alles, was an Problemen vorhanden sein könnte, wird unter den Tisch gekehrt. Jeder, der Kritik übt, jeder, der Fragen aufs Tapet bringen und diskutieren möchte, wird pauschal nicht nur als Euro­paskeptiker, sondern auch als Anti-Europäer diskreditiert.

Ich glaube aber, dass diese Probleme der Europäischen Union genau durch diese Kluft zwischen Prinzip und Umsetzung der Prinzipien, zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen den Institutionen und den Menschen in diesem Europa bestehen.

 


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