Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 81

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Organisationen verdienen unglaubliche Summen mit Frauenhandel, der Gewinn ist in der Zwischenzeit höher als beim Drogenhandel.

Das Übereinkommen, dem wir alle heute unsere Zustimmung erteilen, ist sehr not­wendig und ist zu begrüßen. Aber so wichtig die Entwicklung von Maßnahmen zur Strafverfolgung und die Zusammenarbeit der einzelnen Länder im Bereich der Justiz auch ist, die Prävention und der Opferschutz dürfen auf keinen Fall außer Acht ge­lassen werden. Der Schutz der betroffenen Frauen und Kinder muss das zentrale Anliegen für Regierungen und Verantwortliche sein. Der Schwerpunkt für Regierun­gen – gleichgültig, ob in Österreich, in der EU oder außerhalb – liegt anscheinend auf der Bekämpfung von Kriminalität, der Opferschutz wird leider nur zögerlich betrieben. Das ist sehr schade, ich denke, dass wir viel mehr Augenmerk darauf legen sollten.

Es müssen vor allem die Hilfseinrichtungen, die in direkter Arbeit mit den Opfern von Frauenhandel tätig sind, wie etwa LEFÖ in Wien, unterstützt werden. Leider ist es aber so, dass die Opferschutzeinrichtungen generell in den letzten Jahren unter der kleinen blau-schwarzen Koalition ständig mit Kürzungen ihrer Subventionen konfrontiert sind und finanziell und personell ums Überleben kämpfen. Bundesminister Böhmdorfer wird nicht müde, die Arbeit dieser Organisationen ständig abzuqualifizieren, und baut eigene, teure Parallelstrukturen auf. Die Frauenministerin, deren Stimme ich auch in diesem Fall wieder einmal vermisse, droht entweder damit oder kürzt tatsächlich massiv die finanziellen Mittel für Frauenprojekte und Opferschutzeinrichtungen. (Beifall bei der SPÖ.)

In Österreich hat es im vergangenen Jahr laut BKA 169 Anzeigen bezüglich Frauen­handel gegeben, das sind mehr als doppelt so viele wie 2002. Die Dunkelziffer der Fälle, die nicht zur Anzeige gelangen, ist noch um vieles höher. Die Frauen „arbeiten“ – unter Anführungszeichen – ja versteckt in Wohnungen oder in Hinterzimmern von Bars, sie werden dort bewacht, und die Reisepässe werden ihnen weggenommen. Es ist daher sehr schwierig, die Opfer zu finden.

Die Politik darf und kann sich diesem Thema nicht verschließen, und den Opfern muss geholfen werden. Rund 30 Frauen haben letztes Jahr ein vorübergehendes Aufent­haltsrecht bekommen. Allerdings erhalten sie es nur dann, wenn sie sofort bereit sind, als Zeuginnen auszusagen. Es muss aber auch jenen Frauen ein Aufenthaltsrecht gewährt werden, die nicht sofort als Zeuginnen aussagen wollen. Viele betroffene Frauen haben so traumatische Erfahrungen gemacht, dass sie vorher längere Zeit betreut werden müssen. Oft sind sie dann auch eher bereit, gegen ihre Peiniger auszusagen. Es gibt auch innerhalb der EU einige positive Beispiele dafür – wie zum Beispiel in Belgien, in den Niederlanden oder in Italien –, dass die betroffenen Frauen eine dreimonatige Nachdenkpause bekommen und sich dann erst entscheiden müssen. Aber bis dahin sind sie geschützt – geschützt von der Regierung!

Der Teufelskreis von Gewalt, Armut und Ausbeutung ist vielfältig und komplex. Das Problem kann auch nicht auf die Bekämpfung des organisierten Verbrechens allein reduziert werden. Prävention und Aufklärung sind ebenso wichtig und notwendig, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.

Die Aufgabe von uns hier in Österreich ist es, dafür zu sorgen, dass Betroffene von Frauenhandel, von Menschenhandel Unterstützung und Schutz bekommen. Von Frau­enhandel Betroffene dürfen nicht kriminalisiert werden. Dieser grauenhafte Teufelskreis des Menschenhandels und des Frauenhandels muss durchbrochen werden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


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