Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 99

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Und ich sagen Ihnen: Menschen, die arbeiten wollen, Menschen, die bereit sind, etwas zu leisten, Menschen, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen wollen, verdienen es nicht, dass sie durch Ihre verfehlte, nicht vorhandene Wirtschaftspolitik zu Sozialhilfe­empfängern degradiert werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Da ich gesagt habe, dass Mehrkinderfamilien betroffen sind, gestatten Sie mir, obwohl erst morgen breiter Raum für die diesbezügliche Diskussion sein wird, einen kurzen Exkurs zur Steuerreform:

Diese Steuerreform, wie Sie sie vorlegen und wie sie morgen diskutiert werden wird, ist der nächste Schritt in die Armutsfalle. Sie ist nämlich vor allem sozial ungerecht: Rund 800 000 Kinder werden von Ihrer Steuerreform überhaupt nichts haben, weil sie in Familien leben, in welchen beide Elternteile arbeiten gehen müssen, weil deren ge­mein­sames Einkommen gerade halbwegs ausreicht, dass sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Es gäbe eine sehr einfache Lösung, wenn Sie kinderreichen Familien wirklich helfen und nicht den Weg gehen wollen, dass nur diejenigen davon profitieren, die viel verdienen und es sich leisten können, dass ihre Gattin zu Hause bleibt, wie es ja auf einige oder den Großteil jener, die hier anwesend sind – ich nehme mich davon gar nicht aus –, zutrifft. Ich geniere mich, dass man so etwas beschließen muss! Wenn Sie wirklich helfen wollen, dann erhöhen Sie nicht den Alleinverdienerfreibetrag, sondern die Familienbeihilfe, denn dann ist allen Kindern geholfen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Herr Minister Bartenstein, Sie freuen sich regelmäßig über steigende Zahlen von Ar­beitsplätzen für Frauen. Was Sie aber nicht dazu sagen: Immer mehr Frauen arbeiten Teilzeit, und sehr oft handelt es sich um prekäre, unsichere Arbeitsverhältnisse, die kein Einkommen bieten, von dem man leben kann, und die Frauen erst recht wieder von ihren Partnern finanziell abhängig machen.

Zu den Zahlen: Der Zuwachs bei der Frauenbeschäftigung in den letzten Jahren geht vor allem auf Teilzeitbeschäftigung und geringfügige Beschäftigung zurück. Per 19. April dieses Jahres arbeiten 572 211 Frauen Teilzeit, das sind 35,7 Prozent aller arbeitenden Frauen! Im Gegensatz dazu arbeiten nur 95 000 Männer Teilzeit, das sind 4,6 Prozent. Die Zahl der McJobs bei Frauen im Rahmen geringfügiger Beschäftigung befindet sich im März 2004 auf einem Rekordniveau: 160 000 Frauen im Vergleich zu 65 000 Männern!

Wir müssen leider feststellen und zur Kenntnis nehmen: Frauen sind die Haupt­betroffenen dieser Politik. Drei Kolleginnen meiner Fraktion werden sich im Folgenden noch mit diesem Problem gesondert auseinander setzen. Ich möchte jetzt grund­sätz­lich etwas dazu sagen.

Die Frauen spüren das am eigenen Leib, zum Beispiel beim Kindergeld und beim Einbau der Familie in den Kündigungsschutz. Frauen wollen aber beides haben: Sie wollen Familie und Beruf! Diese Regierung arbeitet jedoch genau in die gegenteilige Richtung. (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt ja nicht!) Die Mehrzahl der Frauen kann sich aber keine Zugehfrau leisten, geschätzte Frau Kollegin, um Beruf und Familie zu ver­einbaren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Wenn diese Frauen dann ein Zeichen setzen und zum Beispiel die ÖVP-Kandidatin bei der Bundespräsidentschaftswahl nicht wählen, dann müssen sie sich als „linke Eman­zen“ verunglimpfen lassen! Ich kann Ihnen nur sagen: Diese Frauen haben absolut richtig entschieden! Sie haben die richtige Wahl getroffen und dieser unsozialen und


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