Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 98

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In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG dringlich zu behandeln.

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Nürnberger als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Ab­geordneter.

 


16.15

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kritisieren heute nicht Ihre falsche Arbeitsmarktpolitik, wir kritisieren, dass Sie überhaupt keine aktive Arbeits­marktpolitik betreiben. Trotzdem bejubeln Sie regelmäßig, wie toll Österreich im Ver­gleich mit anderen Ländern dasteht. Dazu kann ich nur sagen: Ein junger Mensch, der schon monatelang keine Lehrstelle findet, eine Frau, die nach der Kinderpause den Wiedereinstieg in den Beruf nicht mehr schafft, ein älterer Arbeitnehmer, der sich nicht mehr gebraucht fühlt, die wollen keine Vergleiche von Ihnen hören, die wollen von Ihrer Regierung hören, wie Sie ihnen konkret helfen. Und hier tun Sie nichts, absolut nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Haidl­mayr.)

Die aktuellen Zahlen, die vorliegen, sind dramatisch, und sie zeigen, dass jede Alters­gruppe, jede Branche und jede Art von Qualifikation von Ihrer Untätigkeit, Herr Minis­ter, betroffen ist. Im April 2004 gab es mehr als 240 000 Menschen, die arbeitslos sind, 4,1 Prozent mehr als im Vorjahr, zusätzlich befinden sich fast 48 000 Menschen in Aus­bildungsmaßnahmen – fairerweise muss man die dazuzählen, dann sind wir bei mehr als 280 000 –, fast 38 000 Jugendliche bis 25 Jahre sind auf Jobsuche, ein Plus von 2,4 Prozent, 5 500 Jugendliche sind in Ausbildungsmaßnahmen und daher auch ohne Job. Bei den Frauen sind es im April 2004 um 7 424 oder 7,3 Prozent mehr, bei älteren Arbeitnehmern fast 46 000 mehr Arbeitslose, und in der Altersgruppe zwischen 25 und 45 Jahren nahm die Arbeitslosigkeit um mehr als 12 000 Menschen zu.

Was mich ganz besonders betroffen macht: 2003 waren schon rund 774 000 Personen irgendwann im Laufe des Jahres von Arbeitslosigkeit betroffen, und die Prognosen zei­gen, dass wir heuer die 800 000er-Grenze überschreiten werden. Das heißt, jeder dritte Beschäftigte im privaten Sektor muss damit rechnen, einmal im Jahr arbeitslos zu werden.

Es mag schon stimmen, dass vielleicht der eine oder andere ganz froh ist, wenn er nicht arbeiten gehen muss, aber ich sage Ihnen, fast alle dieser rund 800 000 Men­schen, die einmal davon betroffen werden, gehen gerne arbeiten, würden gerne arbeiten, weil es ja so nicht ist, wie es uns zum Beispiel der Herr Wirtschaftskam­merpräsident in Salzburg klarmachen will: Das sind ja alles nur Tachinierer, die nicht arbeiten wollen. Diese Menschen würden, wenn sie einen Arbeitsplatz hätten, sehr gerne arbeiten gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Faktum ist – und das ist nicht wegzuleugnen –: Die Arbeitslosigkeit ist die Verarmungs­ursache Nummer eins. Ein Blick auf die Sozialhilfestatistik der Bundesländer bestätigt das zunehmende Versagen des sozialen Sicherungsnetzes bei Arbeitslosigkeit durch die Arbeitslosenversicherung. Besonders betroffen sind AlleinerzieherInnen, Mehrkin­der­familien und Jugendliche. Grund ist eine unzureichende finanzielle Absicherung durch die Arbeitslosenversicherung.

 


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