Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 180

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Der Grund ist der, Frau Kollegin, dass der Denkansatz wahnsinnig bestechend ist. Wenn man sich ein bisschen näher mit dieser Idee beschäftigt, dann kommt man darauf, dass da Barrieren bestehen, die eigentlich unüberwindbar sind. Es hat im Herbst 2001 der berühmte James Tobin, Wirtschaftsnobelpreisträger, in einem län­ge­ren Interview im „Spiegel“, Nr. 36/2001, auf die Frage: Glauben Sie selbst, dass Ihre Steuer einmal eingeführt wird?, geantwortet: Keine Chance, fürchte ich!

Der Deutsche Finanzminister Eichel hat voriges Jahr gesagt – Eichel steht uns nicht nahe, das wissen Sie –, die Tobin-Steuer könne nur dann effizient sein, wenn sie prak­tisch alle Länder dieser Welt einführten, und das sei eine Illusion. – Das heißt, Frau Kollegin Lunacek, wir haben folgendes Problem: Diese Idee ist zweifellos bestechend. Wer würde dagegen auftreten, dass Devisenspekulationen in Milliardenhöhe, die ganze Währungen gefährden können, nicht besteuert werden? Da hat niemand von uns etwas dagegen. Das Problem ist nur, dass selbst die EU-Ebene meines Erachtens viel zu eng gefasst ist. Da bin ich der Meinung von Eichel, nämlich: Wenn diese Steuer eingeführt wird, dann müssen die USA, Asien und Japan mitmachen, und dann darf es keine Steueroasen mehr geben.

Sie wissen genau, heute läuft das alles zum Teil über Internet auf Knopfdruck. Zu glauben, auf EU-Ebene allein könne man da etwas machen, ist falsch. Ich sage Ihnen: Selbst dann, wenn die USA mitmachen, und selbst dann, wenn Japan mitmacht, ist das Problem nicht lösbar. All das läuft heute über Steuerparadiese, Steueroasen, wo auf Knopfdruck über Internet Milliarden an Devisen hin und her geschoben werden, obwohl das niemand von uns will.

Wir alle wollen Lösungen, und ich bin der Frau Ministerin Ferrero-Waldner sehr dank­bar dafür, dass sie sich da engagiert hat, aber es ist, gebe ich zu, praktisch aus­sichtslos, da auf einen Erfolg zu hoffen, weil die konkreten Barrieren einfach viel zu groß sind und eine im Denkansatz unglaublich bestechende Idee einfach daran scheitern würde, dass wir leider nie einen Konsens aller Staaten dieser Welt erreichen würden.

Frau Kollegin, daher finde ich es schon ein bisschen grotesk, eine Idee, die seit 34 Jahren weltweit diskutiert wird, mittels Fristsetzung von wenigen Tagen ins Par­lament bringen zu wollen. Das ist geradezu absurd. Ich bin aber gerne bereit, stundenlang über dieses Thema zu diskutieren.

Wissen Sie, was James Tobin in diesem Interview mit „Spiegel“ noch gesagt hat? Er hat auf die Frage: Was sagen Sie dazu, dass in der EU die Wirtschafts- und Finanz­minister über die Tobin-Tax diskutieren, gesagt: Just for show! – Für „just for show“ bin ich nicht zu haben, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.34

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Leere Regierungs­bank! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Showfrage, Herr Kollege Stumm­voll, haben Sie wohl selbst gelöst. Sie sagten, wir haben eine bestechende Idee, die daran scheitert, dass sie niemals umgesetzt werden wird. Die Antwort darauf ist relativ einfach: Wenn diese Haltung Platz greift, so nach dem Motto: Es gibt irgendwo ein Schlupfloch, es gibt irgendwo ein Steuerparadies!, dann brauchen wir gar nicht anzu­fangen, dann würde ich doch fast vorschlagen, wir zitieren Dr. Böhmdorfer her, dann können wir das nämlich mehr als vergessen und kommen dann vom Rauschgifthandel


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