Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 28

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tiert wurden und zweitens mehr als eindrückliche Angebote zur Zusammenarbeit ge­macht wurden?

Ich verstehe also nicht ganz, was Sie vorhin gemeint haben. Sie kennen die Forderun­gen der Richter und ihre Vorschläge zur Zusammenarbeit. Warum greifen Sie diese nicht einfach auf?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir greifen alle Vorschläge auf, wir gehen auch allen Vorschlägen nach. Wir haben auch einen Wettbewerb gemacht, wo sich auch die Richter einbringen konnten und eingebracht haben. Es geht darum, dass die Richter mich zwar mit Pressediensten unterstützen, aber ein gemeinsames Programm, zu dem ich eingeladen habe, entsteht nicht. Diese Einladung – das weiß die Standesvertretung der Richter – wird einfach nicht aufgegriffen. (Abg. Mag. Stoi­sits: Wiederholen Sie sie!) Ich sage es Ihnen nur, weil es so ist.

Im Übrigen: Es kommt darauf an, wie Sie rechnen. Wenn Sie die Bemessungsgrundla­ge für die Überbelastung bei 110 Prozent ansetzen, dann fehlen nicht 76 Richter – Sie sagen: 87; diese Zahl ist mir überhaupt neu –, sondern es fehlen statistisch gesehen 8,62 Richter. So ist es in Wirklichkeit! Das heißt, ich gestehe durchaus zu, dass derzeit eine Überlastung der Richterinnen und Richter vorhanden ist, aber nicht in dem von Ihnen genannten Ausmaß.

Die Einladung an die Standesvertretung der Richter zur Zusammenarbeit ist da. Aber wenn man zum Beispiel, wie vor wenigen Tagen geschehen, bestreitet, dass wir we­gen der U-Häftlinge, die wir haben – und dort liegt eben die Hauptlast –, ein zweites Gericht benötigen, wenn man das bestreitet und öffentlich desavouierende Behauptun­gen aufstellt, so ist das für die Zusammenarbeit eher ungünstig und ein Signal, dass sie nicht stattfinden soll.

Meine Hand ist ausgestreckt. Mein Forderungsprogramm und auch die Zahlen, die zu meinem Forderungsprogramm geführt haben, liegen auf dem Tisch und sind bekannt.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Bures. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Bundesminister! Das Straflandesgericht Wien, das Graue Haus, ist die am meisten belastete Dienststelle, die wir haben. Gerade in dieser Situation, die auf Grund des Personalmangels ja sehr dramatisch ist, haben Sie den Jugendgerichtshof zerschlagen und auch im Grauen Haus untergebracht.

Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Was gedenken Sie zu tun? Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um diese unerträgliche Situation im Grauen Haus zu verbessern, vor allem für die jugendlichen Strafgefangenen und natürlich auch im Interesse der Gesellschaft?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Wir haben keinen Jugendge­richtshof zerschlagen, sondern im Jugendgerichtshof in der Rüdengasse im 3. Bezirk bestanden für Häftlinge 57 Zellen und zirka 60 Betten. Weil wir die Privilegien des Jugendgerichtsgesetzes auf die inklusive 21-Jährigen ausgedehnt haben, hat sich der Haftraumbedarf verdoppelt, und dieser Gerichtsstandort war aus den heute schon mehrfach genannten Gründen des Überbelages nicht mehr aufrechtzuerhalten. Es war nicht möglich, dort 170 Jugendliche unterzubringen – ganz abgesehen davon, dass auch die Organisationsstrukturen dort veraltet waren.

 


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