Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 147

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

bracht im Zuge der Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Scheibner, Dr. Lopatka und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Öster­reichs Haltung zur Außen- und Sicherheitspolitik sowie zur Verfassung der Europäi­schen Union

Eine wichtige Zielsetzung im Zusammenhang mit der Europäischen Verfassung ist es, den Schutz öffentlicher Dienstleistungen klar und unanfechtbar zu verankern. Die bis­lang vorliegenden Formulierungen zur Daseinsvorsorge in der Europäischen Verfas­sung bieten diesen Schutz nach wie vor nicht. Vor allem die Trinkwasserversorgung ist nach Aussagen von Außenministerin Ferrero-Waldner nicht von der Einigung zur Da­seinsvorsorge, die in den Verhandlungen zur Regierungskonferenz am 17. Mai dieses Jahres getroffen wurde, betroffen (OTS 126, 17. 5. 2004).

Zudem wurde vor wenigen Tagen, am 12. Mai 2004, das „Weißbuch zu Dienstleistun­gen von allgemeinem Interesse“ von der Europäischen Kommission beschlossen. Da­bei stellt sich die Kommission erneut auf die Seite der großen europäischen Konzerne (allen voran RWE, Suez, Vivendi und Gelsenwasser), welche ihre kommerziellen Inter­essen durchsetzen wollen. Dementsprechend lehnt die Kommission eine Rahmen­richtlinie ab, welche die Daseinsvorsorgedienstleistungen von Liberalisierung und Wett­bewerb ausnehmen will (zum Beispiel Wasserversorgung, Nahverkehr oder Abfall­entsorgung). Vielmehr möchte die Kommission für den Bereich Wasserwirtschaft bis Ende des Jahres 2004 eine Bewertung vornehmen und offensichtlich die dann von ihr forcierten Liberalisierungsschritte konkretisieren. Klargestellt wird die Position der Europäischen Kommission auch durch den EU-Handelskommissar Pascal Lamy, der in einem Interview gegenüber der „Süddeutschen Zeitung" am 10. März meinte: „ ......weil ich ein Interesse daran habe, dass die Wasserversorgung geöffnet wird“. Darüber hin­aus wird auch eine Anpassung der Gesetzgebung für andere universelle Dienste (Post, Stromversorgung, Gasversorgung) von der Kommission angekündigt.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, in einer Stellungnahme zum „Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ klarzustellen, dass die Mitgliedstaaten weiterhin souverän über die Wasserversorgung selbst entscheiden. Jegliche Liberali­sierung der Wasserversorgung ist abzulehnen. Auch zur Privatisierung der Wasserver­sorgung darf niemand, das heißt weder Länder noch Gemeinden, gezwungen werden.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich in den Verhandlungen über eine Europäi­sche Verfassung für eine klare Zielbestimmung zur Daseinsvorsorge in Artikel I-3 der Europäischen Verfassung und für eine eindeutige Schutzbestimmung für diesen Be­reich in Artikel III-6 einzusetzen, die über die nun gefundenen Formulierungen hinaus­geht. Insbesondere wird die Bundesregierung aufgefordert, in der EU in geeigneter Form für eine Klarstellung zu sorgen, dass die Wasserwirtschaft als Bereich der Da­seinsvorsorge anerkannt wird und in der Kompetenz der Mitgliedstaaten verbleibt.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. – Bitte.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite