Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 22

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2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (464 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957, das Insolvenz-Ent­geltsicherungsgesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch und das Jugend­ausbildungs-Sicherungsgesetz geändert werden (Arbeitsmarktreformgesetz) (543 d. B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Wöginger – und nicht wie im gedruckten Aus­schussbericht angegeben Abgeordneter Neugebauer. Auf eine mündliche Bericht­erstattung hat Herr Abgeordneter Wöginger jedoch verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Öllinger. Wunschredezeit: 8 Minu­ten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


15.31

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Ich möchte ja (in Richtung SPÖ-Bänke, wo Abg. Mag. Prammer immer noch zu ihrer Wahl zur Präsidentin gratuliert wird) die Gratulationsfeierlichkeiten nicht stören, bin aber trotzdem der Meinung, dass auch dieses Thema Aufmerksamkeit verdienen würde. Ich sehe schon ein, dass das jetzt etwas überschattet wird. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Ich gestehe Ihnen durchaus zu, dass mit dieser Vorlage bei weitem nicht das Schlimmste passiert ist und dass sich die Änderungen etwa im Bereich der Zumutbarkeitsbestimmungen durchaus noch von Beispielen aus anderen Ländern, in denen in den letzten Jahren Verschärfungen stattgefunden haben, unter­scheiden, indem Sie sie, wenn man so sagen kann, noch mit Maß vorgenommen haben.

Aber was ist das Maß? Was ist den Menschen und was ist den Arbeitslosen zumut­bar? – Zunächst einmal die Wahrheit, die ist ihnen zumutbar. Die Wahrheit ist, Herr Bundesminister und meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir in Österreich schon mit den alten Zumutbarkeitsbestimmungen die schärfsten in EU-Europa hatten. Die Wahrheit ist, dass es immer dann eine Debatte über Verschärfung von Zumut­barkeitsbestimmungen gibt, wenn die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist, wenn also der Effekt der Verschärfung von Zumutbarkeitsbestimmungen als besonders niedrig angesetzt werden muss. Die Wahrheit ist, Herr Bundesminister, dass mit jeder weiteren Verschärfung – und wir hatten ja schon sehr scharfe Zumutbarkeits­bestim­mungen – auf dem Arbeitsmarkt eine Dequalifikationsspirale in Gang gesetzt wird, die dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht unbedingt zuträglich ist. Die Wahrheit ist, Herr Bundesminister, dass auf dem österreichischen Arbeitsmarkt – und wir klagen das schon seit mehreren Jahren ein, das hängt also nicht nur mit Ihrer Verantwortung als Bundesminister zusammen – in den letzten Jahren zusehends weniger für Qualifizie­rung von Arbeitslosen ausgegeben wird, sondern eher für andere Kursmaßnahmen.

Wenn man sich diese Wahrheit vergegenwärtigt, dann frägt man sich natürlich: Was nützt diese Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen? Das ist nicht das, was wir auf dem Arbeitsmarkt in Österreich in erster Linie brauchen. Der Ansatzpunkt, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist nicht, dass der Arbeitslose oder die Arbeitslosen an dieser Situation schuld sind oder dass durch eine Verschärfung von Zumutbarkeitsbestimmungen die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden könnte, die Beschäftigung erhöht werden könnte. Im Gegenteil! Es


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