2. Punkt
Bericht des Ausschusses für Arbeit und
Soziales über die Regierungsvorlage (464 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das
Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das
Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957,
das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch
und das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert werden
(Arbeitsmarktreformgesetz) (543 d. B.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum
2. Punkt der Tagesordnung.
Berichterstatter
ist Herr Abgeordneter Wöginger – und nicht wie im gedruckten Ausschussbericht
angegeben Abgeordneter Neugebauer. Auf eine mündliche Berichterstattung hat
Herr Abgeordneter Wöginger jedoch verzichtet.
Zu Wort
gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Öllinger. Wunschredezeit: 8 Minuten. –
Herr Kollege, Sie sind am Wort.
15.31
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Ich möchte ja (in Richtung SPÖ-Bänke, wo Abg. Mag. Prammer immer noch zu ihrer Wahl zur Präsidentin gratuliert wird) die Gratulationsfeierlichkeiten nicht stören, bin aber trotzdem der Meinung, dass auch dieses Thema Aufmerksamkeit verdienen würde. Ich sehe schon ein, dass das jetzt etwas überschattet wird. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)
Herr Bundesminister! Ich gestehe Ihnen durchaus zu, dass mit dieser
Vorlage bei weitem nicht das Schlimmste passiert ist und dass sich die
Änderungen etwa im Bereich der Zumutbarkeitsbestimmungen durchaus noch von Beispielen
aus anderen Ländern, in denen in den letzten Jahren Verschärfungen
stattgefunden haben, unterscheiden, indem Sie sie, wenn man so sagen kann,
noch mit Maß vorgenommen haben.
Aber was ist das Maß? Was ist den Menschen und was ist den Arbeitslosen zumutbar? –
Zunächst einmal die Wahrheit, die ist ihnen zumutbar. Die Wahrheit ist, Herr
Bundesminister und meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir in Österreich
schon mit den alten Zumutbarkeitsbestimmungen die schärfsten in EU-Europa
hatten. Die Wahrheit ist, dass es immer dann eine Debatte über Verschärfung von
Zumutbarkeitsbestimmungen gibt, wenn die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist,
wenn also der Effekt der Verschärfung von Zumutbarkeitsbestimmungen als
besonders niedrig angesetzt werden muss. Die Wahrheit ist, Herr Bundesminister,
dass mit jeder weiteren Verschärfung – und wir hatten ja schon sehr
scharfe Zumutbarkeitsbestimmungen – auf dem Arbeitsmarkt eine
Dequalifikationsspirale in Gang gesetzt wird, die dem österreichischen
Arbeitsmarkt nicht unbedingt zuträglich ist. Die Wahrheit ist, Herr
Bundesminister, dass auf dem österreichischen Arbeitsmarkt – und wir
klagen das schon seit mehreren Jahren ein, das hängt also nicht nur mit Ihrer Verantwortung als
Bundesminister zusammen – in den letzten Jahren zusehends weniger für
Qualifizierung von Arbeitslosen ausgegeben wird, sondern eher für andere
Kursmaßnahmen.
Wenn man sich diese Wahrheit vergegenwärtigt, dann frägt man sich natürlich: Was nützt diese Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen? Das ist nicht das, was wir auf dem Arbeitsmarkt in Österreich in erster Linie brauchen. Der Ansatzpunkt, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, ist nicht, dass der Arbeitslose oder die Arbeitslosen an dieser Situation schuld sind oder dass durch eine Verschärfung von Zumutbarkeitsbestimmungen die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden könnte, die Beschäftigung erhöht werden könnte. Im Gegenteil! Es