Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 44

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Der Herr Bundeskanzler hat uns gefragt: Wie hätten Sie es denn gern? – „Speed kills“, eine Politik der Geschwindigkeit, des Drüberfahrens – ich erinnere nur an Ambulanz­gebühren, Unfallrentenbesteuerung, Studiengebühren –, wollen wir nicht. Und jetzt machen Sie eine Politik des Stillstands. Wie wir es gerne hätten? – Wir hätten gerne eine soziale Politik, die verträglich ist, die Reformen mit Augenmaß durchführt. Das hätten wir gern, und das hätte auch die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher gern! (Beifall bei der SPÖ.)

Es bleiben daher aus meiner Sicht drei Dinge festzuhalten.

Erstens: Das Austauschen von Personen wird diese Regierung nicht gesunden lassen. Ich habe nichts gegen die zwei neuen Regierungsmitglieder; sie werden versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen zu arbeiten. Es wäre aber für die FPÖ sinnvoller, ihre Politik zu überdenken und sich aus dieser Umklammerung durch die ÖVP zu be­freien, denn der wahre Grund dafür, dass Sie Wahlen verlieren, ist, dass Sie eine neo­liberale Politik mittragen und damit gefangen sind in einer Regierungskonstellation, die einem Verrat an Ihren Wählern gleichkommt. Deshalb haben Sie 17 Prozent bei der EU-Wahl verloren, und nicht, weil der Herr Böhmdorfer hier hinten gesessen ist, oder ein anderer Staatssekretär. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir von der SPÖ haben Ihnen ja Angebote gemacht, sich von dieser Politik abzuwen­den – Stichwort Pensionsreform. Sie hätten ja gemeinsam mit der Opposition im Vor­jahr eine Pensionsreform beschließen können, die sozial gerecht gewesen wäre, die nicht einer Pensionskürzungsreform, wie sie Bundeskanzler Schüssel mit seinem Team ausgearbeitet hat, gleichgekommen wäre, sondern eine sozial gerechte Politik gewesen wäre. Aber Sie haben sich für die Beibehaltung der Ministersessel entschie­den. Das sei Ihnen unbenommen – aber das wird Sie nicht schützen vor nächsten Wahlniederlagen.

Zweitens – und das sei auch gesagt, weil das immer wieder in den Medien kolportiert wird –: Jörg Haider ist nicht der Löser eines Problems, er ist ein Teil des Problems selbst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Weiß das der Ambrozy auch?) Die große Mehrheit der Bevölkerung steht nicht mehr hinter seinem Kurs, und ich würde auch den Kurs mit diesen drei Flügeln, die es bereits gibt in der FPÖ, einmal überden­ken.

Drittens, Herr Bundeskanzler: Sie können sich nicht, wie Ihre Propagandamaschinerie versucht, der Öffentlichkeit weiszumachen, aus der Verantwortung stehlen und auf Stabilität setzen. Sie sind der Stabilitätsfaktor. Sie sind der Mitverursacher dieses Chaos der Regierung, denn Sie haben lange dazu geschwiegen, und Sie sind nicht nur verantwortlich für die ÖVP-Regierungsmitglieder, sondern genauso verantwortlich für die FPÖ-Regierungsmitglieder. Und man hätte sich von Ihnen schon früher ein klares Wort in diese Richtung erwartet. (Beifall bei der SPÖ.)

Der einzige Grund, warum wir froh sind, dass Sie nicht nach Brüssel wechseln – im Übrigen ist das ja nur in Österreich kolportiert worden, in sonst keinem europäischen Staat; keine europäische Zeitung hat das geschrieben (Abg. Prinz: Sie lesen offenbar sehr wenig! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) –, ist die Tatsache, dass Sie für die Politik, die Sie mit dieser Regierung zu verantworten haben, früher oder später gerade­zustehen haben. – Wir freuen uns auf den Tag, an dem das der Fall sein wird. (Beifall bei der SPÖ.)

12.18

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindel­egger. Auch er hat 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


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