Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 9

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blassen Schimmer haben, was in diesem „Paket“ drinnen ist. Aber Kollege Tancsits geht hier heraus und sagt, das ist ein ganz tolles Paket, und das müssen wir am Frei­tag beschließen. – Ich finde, das ist eine Unverschämtheit, Herr Kollege Molterer! Ich finde das skandalös! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Kollege Donabauer, auch von der ÖVP, in der gleichen Tonlage: eine ganz wichtige Gesetzesmaterie. Und dann versucht er, uns noch einzureden, dass das ohnedies bereits akkordiert worden sei, gestern, wenn ich mich nicht irre. – Halten Sie uns für blöd?! Jetzt ist es 16.58 Uhr, und zwischen 16.20 Uhr und 16.25 Uhr dürfte meiner Be­obachtung nach dieses „Paket“ oben beim Präsidium eingelangt sein. Warum so spät? Kollege Scheibner sagt es ja ganz offen, und da gibt es ja auch nichts zu verheim­lichen: weil Sie sich früher nicht einig geworden sind!

Das nennen Sie Parlamentarismus?! Wofür haben wir denn einen Ausschuss? Sie bringen am Mittwoch Abend einen Fristsetzungsantrag, einen inhaltlichen Antrag ein, der übermorgen beschlossen werden soll! Na schaffen wir doch die Ausschüsse gleich ab! Ist das Ihre Philosophie? (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) – Ah, das geht recht­lich nicht. Aber das, was Sie heute machen, das geht rechtlich. Und das ist ja nicht der erste Fall. In der vorigen Sitzung, in der 71. Sitzung des Nationalrates, hatten wir einen genau analogen Fall, nämlich die KommAustria-Novelle, 430/A.

Ich lese Ihnen einmal etwas vor. Ich habe gestern an die Kollegen Molterer und Scheibner einen Brief geschrieben. In der Präsidialkonferenz wurde das besprochen, und dazu gibt es ein Protokoll. Und solange es gegen das Protokoll keinen Einspruch gibt, halte ich mich an die Richtigkeit dieses Protokolls.

In diesem Protokoll der Präsidialkonferenz steht Folgendes – ich zitiere –: „Der An­trag 430/A (Mediengesetze) wird für den Fall seiner allfälligen rechtzeitigen Erledigung in einer Sitzung des Verfassungsausschusses als Punkt 1 auf die Tagesordnung ge­stellt werden, wobei der Präsident dafür eintritt, dass derart wichtige Anträge im Aus­schuss vorberaten werden sollen.“ 

Doch was machen Sie? – Es gibt entgegen diesem Präsidialprotokoll keinen Verfas­sungsausschuss! Na, macht ja nichts, meinen Sie vielleicht, obwohl es heißt, dass der Präsident dafür eingetreten ist, dass derart wichtige Anträge im Ausschuss vorberaten werden sollen. – Na soll er sich „brausen gehen“, der Herr Präsident? (Abg. Mag. Mol­terer: Sie kennen anscheinend meine Protokollergänzung nicht!)

Ich nehme das zur Kenntnis, aber ich warne Sie, meine Kollegen Molterer und Scheib­ner: Die Geschäftsordnung gibt auch der Opposition gewisse Rechte, und wenn Sie es darauf anlegen, die Präsidiale zu einem „Schießbudentreffen“ zu degradieren und in dieser Form fortzufahren, dann werden auch wir uns zu überlegen haben, in welcher Form wir das unterlaufen – aber nicht aus Spaß, sondern weil wir überzeugte Parla­mentarier sind! – Danke schön. (Lebhafter Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Van der Bellen, Sie haben mich richtig zitiert. Es hat allerdings nach dieser Stellungnahme, die protokolliert wurde, Klubob­mann Molterer das Wort ergriffen und gesagt, das schließe geschäftsordnungsmäßige andere parlamentarische Mittel nicht aus. Und es haben alle Anwesenden in der Präsi­dialkonferenz genau verstanden, was das heißt.

Ich habe das nicht protokolliert, und Klubobmann Molterer hat dann eine Protokoll­ergänzung, in welcher genau das drinnen stand, in Umlauf gebracht – vorgestern, glaube ich –, und diese habe ich allen Fraktionen zustellen lassen. – Das nur, damit der Sachverhalt, den ich vom Präsidium her nicht bewerten möchte, vollständig darge­stellt ist. (Abg. Schieder: Die Schande bleibt! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

 


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