Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 48

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hauptsächlich zu verantworten, kaschieren mit Ihrem Schweigen in Wirklichkeit aber nur Vertrauenskrise und Führungsschwäche. Vielleicht möchten Sie sich ja zu Wort melden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.27

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeord­neter Kogler, ich gehe gerne auf diese Fragen ein, denn ich glaube, so soll man diskutieren. Dazu braucht man zwar keine Sondersitzung, aber okay, wenn schon der Anlass gegeben ist, dann nützen wir ihn auch.

Erstens sollte man differenzieren: Die personalpolitischen Entscheidungen in der ÖIAG-Gruppe – einer der wichtigsten Industrie-Gruppen ganz Österreichs, und das wird sie auch in Zukunft sein –, sind nicht so, wie Sie das behauptet haben. Nehmen wir nur einmal die Führung der einzelnen Betriebe her! Da haben Sie einen Herrn Generaldirektor Wais, einen Generaldirektor Sundt, einen Generaldirektor Eder, einen Generaldirektor Ruttenstorfer, Sie haben einen Dr. Raidl dort und Sie haben einen Dr. Sernetz. Zählen Sie nach, dann werden Sie sehen, dass die Mehrheit dieser Generaldirektoren weder aus den Sympathisantenkreisen der FPÖ noch aus jenen der ÖVP kommen, sondern sie sind mehrheitlich aus dem Kreis der Sozialdemokraten.

Daher noch einmal: Warum soll man all diese Manager und ihre Arbeit schlecht machen? Ich finde, eine der großen Erfolge unserer gemeinsamen Privatisierungs-, Industrie- und Standortpolitik ist, dass heute keiner mehr danach fragt, welche Gesin­nung ein Manager hat. Aber wir erwarten, dass sie schwarze Zahlen schreiben – auch wenn sie eine rote Gesinnung haben. Das ist der Unterschied zu früher! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens: Wir nehmen das sehr ernst. Ich war immer Wirtschaftspolitiker, seit 25 Jahren ist das meine Profession, und ich nehme das sehr ernst. Es hat mich immer gestört, dass die Politik hineingefuhrwerkt hat, dass man quasi Weisungen gegeben hat. Die Resultate davon sind ja heute schon vorgestellt worden: wie das gelaufen ist, was dann plötzlich an Milliarden Steuergeldern nachgeschossen werden musste.

Der große Unterschied zu früher ist, dass wir heute versuchen, strategisch das Beste herauszuholen. Das soll die ÖIAG machen. Und man kann im Einzelnen durchaus kritisch sein, aber bewerten wir doch die ÖIAG nach ihrer Gesamtperformance! Und da ist das, was Willi Molterer eindrucksvoll zitiert hat, für jeden Profi, für jeden, der sich auskennt, nachvollziehbar: Die ÖIAG hatte im Jahr 2000 einen Schuldenstand von über 6 Milliarden, heute hat sie fast 4,5 Milliarden € weniger an Schulden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Puswald und Mag. Wurm.)

Die ÖIAG hat viel privatisiert – um insgesamt 4 Milliarden €. Und das Spannende dabei ist: Der Wert der verbliebenen Beteiligungen der ÖIAG-Gruppe ist heute – trotz Privatisierungen, trotzdem also Beteiligungen weggefallen sind – höher als im Jahr 2000! Ich muss ganz ehrlich sagen: Darüber sollten wir uns doch gemeinsam freuen! Das ist auch gar kein parteipolitisches Federl auf meinem Hut, sondern das ist ein gemeinsamer industriepolitischer Erfolg.

Dritter Punkt: Manches habe auch ich, offen gesagt, nicht goutiert, etwa die Frage „Minerva“. Ich schätze Sigi Wolf, er ist hervorragend, ein toller Manager in einem tollen Unternehmen, das in Österreich Zehntausende Arbeitsplätze geschaffen hat. Aber das hätte mich wirklich gestört. Und ich finde es ganz gut und großartig, was die ÖIAG trotz


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