Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 60

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Diese 23 Anträge, die auf der europäischen Ebene auf uns zukommen, sind jetzt abzuwehren. Und mit Spannung habe ich erwartet, was jetzt kommt. Es tut sich hier ein riesiges Konfliktpotential auf – Haftungsfragen, Koexistenzfragen –, ja es steht die Existenz der gesamten biologischen Landwirtschaft in Österreich heute hier mit diesem Gesetz und den Begleitmaßnahmen, falls es solche gibt, auf dem Spiel.

Herr Umweltminister, Sie haben sich auf die andere Seite gestellt. Sie haben bei diesem Gesetz persönlich die Haftung verwässert und damit die Konflikte in die Dörfer getragen. Sie haben durch eine völlig ungenügende Haftungsregelung genau den kleinen Biobauern, dessen Nachbar dann im Falle eines Konfliktes vom Gentechnik­konzern Monsanto mit einer riesigen Rechtsabteilung unterstützt wird, im Stich gelassen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Pirklhuber – in Richtung des auf der Regie­rungsbank sitzenden Bundesministers Dipl.-Ing. Pröll –: Nicht lachen! Nicht lachen!)

Sie, Herr Minister, haben auch alles, was sonst in Ihrem Bereich möglich wäre, nicht getan. Ich hätte mir erwartet, wenn jemand das wirklich ernst nimmt, wenn jemand das ernst meint und sagt: Ich möchte die österreichische Landwirtschaft und Lebens­mittelproduktion gentechnikfrei halten!, dass er dann alles tut, was nur irgendwie denkbar und möglich ist.

Ich frage Sie, Herr Minister: Wie können Sie das irgendjemandem erklären, dass die österreichische Umweltförderung in der Landwirtschaft Gentechniksaatgut verträgt? Wie ist das vereinbar? Wie kann man mit Umweltfördermitteln Gensaat in Österreich fördern? – Ich glaube, das versteht überhaupt niemand in Österreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe auch nicht, wie man einem Vorschlag, der so bestechend einfach ist, nicht folgen kann, nämlich einfach das große Förderprogramm entsprechend auszurichten, wodurch 90 Prozent der österreichischen Fläche mit einem Federstrich gentechnikfrei bleiben würden. Da brauchen Sie nicht mit Bartenstein zu streiten, sondern das brauchen Sie nur in das Förderprogramm hineinzuschreiben, so wie das Slowenien bereits macht. Die EU wird das notifizieren, wie sie es bei Slowenien auch gemacht hat, und dann haben wir 90 Prozent garantiert gentechnikfrei!

Ich kann diese Aussagen nicht mehr hören: irgendwelche gentechnikfreien Zonen, gentechnikfreies Waldviertel, gentechnikfreie Anbauzonen für Saatgut. – Im Umkehr­schluss heißt das, dass alle andere Zonen – das Weinviertel, das Mühlviertel und alle anderen Regionen – Gentechnikzonen sind. Und das will ich nicht, Herr Umwelt­minister – und das will auch die österreichische Bevölkerung nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dadurch, dass Sie jetzt hergehen und sagen: Das reicht alles, das genügt!, wollen Sie – ich kann es nicht anders interpretieren – über die Hintertür still akzeptieren, dass in der österreichischen Landwirtschaft ab nächstem Jahr Gentechnik zum Einsatz gelangt. Sie wollen das still akzeptieren und die Hintertür dafür einfach aufmachen – anders ist diese Halbherzigkeit nicht erklärbar.

Der besondere Vorwurf in diesem Zusammenhang – und das hat auch mit Vertrauen zu tun – ist, dass Sie vorher gesagt haben, Sie wollen das nicht. Das ist eine Täuschung und auch ein Vertrauensbruch, nicht nur uns Grünen, sondern auch der Bevölkerung gegenüber. Der Verdacht ist, dass das ein reines Lippenbekenntnis war, und das ist inakzeptabel! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist das eine. Aber es gibt noch ein zweites und ein drittes Thema, das mich emotional sehr aufwühlt, weil es auch einen der großen Umweltkonflikte der öster­reichischen Geschichte betrifft. Seit 1978 ist eines, glaube ich, unbestritten und klar:


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