Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 74

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Lebensmittelgesetz 1975 geändert werden, an den Ausschuss rückzuverweisen. Das ist die einzige Chance, um hier wirklich noch etwas für die österreichische Landwirt­schaft und die Lebensmittelsicherheit zu retten. (Beifall bei den Grünen.)

Und nun zu Bundesminister Pröll! Sie werden ja nachher die Chance haben, auf einige der Fragestellungen einzugehen. Auf jeden Fall haben Sie bisher keine gesetzlichen Maßnahmen in Ihrem eigenen Wirkungsbereich beschlossen, um die österreichische Landwirtschaft vor Gentechnik zu schützen. Das ist ein Faktum, meine Damen und Herren, weil alle legistischen Maßnahmen, die bislang bestehen, nicht von Ihnen, sondern von Vorgängern oder von anderen Ressorts beschlossen wurden. Aus Ihrem Ressort gibt es keine Gesetzesinitiative, die bereits beschlossen wäre, und darum geht es, Herr Bundesminister. Sie sind lange genug im Amt!

Reden Sie sich bitte auch nicht auf die Länder aus! Klarerweise gibt es Initiativen auf Länderebene. Allein, dass die gesamte Verantwortung auf die Länder abgeschoben wird, meine Damen und Herren, zeigt jedoch völlig klar, dass Sie Ihre Kompetenz nicht wahrnehmen. Sie versagen hier! Sie geben Ihre Kompetenz auf und schieben die Verantwortung den Ländern zu. Das kann es aber nicht sein! Es ist ein bundes­einheitlicher Rahmen nötig, damit den Bundesländern einheitliche Standards vorge­geben werden. Derzeit ist das nicht der Fall.

Frau Bundesministerin! Das einzige Gesetz, das bisher auf Länderebene beschlossen wurde, ist das Salzburger Gentechnik-Vorsorgegesetz. Das ist seit 1. Oktober 2004 in Kraft. Das Kärntner Gesetz ist noch eine Vorlage. Oberösterreich hat ein Verbots­gesetz, das man versucht, in Brüssel auf dem Rechtsweg durchzusetzen. Auch dabei vermissen wir, Herr Bundesminister, jede echte Unterstützung. Was haben Sie bisher gemacht, damit das Selbstbestimmungsrecht der Regionen auf EU-Ebene gestärkt wird? Was haben Sie unternommen, damit im Gentechnikgesetz die strengsten Krite­rien eingeführt werden? – Sie haben nichts gemacht!

Die Haftungsfrage, meine Damen und Herren, ist aus bäuerlicher Sicht wirklich einfach unmöglich geregelt. Stellen Sie sich folgenden konkreten Fall vor: Ein Biobauer, der, wenn er seine Maisernte bei seinem Vermarkter abliefern will, plötzlich feststellen muss, dass seine Ernte eine gentechnische Verunreinigung von über 1 Prozent auf­weist, kann seinen Mais nicht mehr verkaufen. Was muss er machen? Wie kann er klagen? Er kann nicht zum Richter gehen, nicht auf ein Gericht gehen, um dort eine Klage einzubringen – nein, dieser Bauer/diese Bäuerin muss zu einer Schiedsstelle in der Landwirtschaftskammer gehen. Meine Damen und Herren! Man muss zur Land­wirtschaftskammer gehen, um sich dort in einem Schiedsverfahren vor einem Kammergericht per Zwang, per Gesetz gütlich zu einigen. Die Bäuerinnen und Bauern sind verpflichtet, so vorzugehen!

Das gibt es im ganzen österreichischen Rechtssystem nicht, dass man Schadenersatz nicht sofort einklagen kann. Ein Mediationsverfahren auf freiwilliger Basis ja, aber nicht verpflichtend! Das ist nur eine Verschleppungstaktik! Der Bauer bekommt sein Geld nicht; er muss monatelang auf die Behebung des Schadens warten. Wenn es im Schiedsverfahren zu keiner Einigung kommt, dann braucht er eine Bestätigung von diesem Kammergericht. Mit dieser Bestätigung geht er dann zu einem ordentlichen Gericht, um zu klagen.

Meine Damen und Herren! Das ist aber nicht alles. Sobald er klagt, muss er auch die Kosten für das Schiedsgericht übernehmen. Der Bauer übernimmt die Kosten, die bei der Landwirtschaftskammer angefallen sind, damit er überhaupt klagen kann. Das ist unglaublich, Herr Bundesminister! Und da sprechen Sie von einer guten Haftungs­lösung?

 


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