Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 203

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weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ja mehrfach festgestellt hat, dass die erlittene Untersuchungshaft immer dann zu entschädigen ist, wenn der Verhaftete freigesprochen worden ist. Das war bisher nicht der Fall, und das wird jetzt, so hoffe ich, geändert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wichtig ist mir: Freispruch ist Freispruch, egal ob glatte Freisprüche oder In-dubio-Freisprüche.

Zweite wichtige Sache: die grundrechtskonforme Neugestaltung der Entschädigung für strafrechtliche Anhaltung und Verurteilung sowie die Ausdehnung auf die sicherheits­behördliche Verwahrung. Dass das erweitert wurde, begrüße ich sehr, weil damit die Haftung des Bundes auf eine vorläufige Verwahrung durch eine Verwaltungsbehörde oder durch eines ihrer Organe ausgedehnt wurde, sofern sie im Dienst der Strafjustiz erfolgte, und das ist wichtig.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Gleichstellung von sicherheitsbehördlicher Verwah­rung mit durch ein Strafgericht angeordneter Haft ist vom Ergebnis und den Auswir­kungen des Freiheitsentzuges längst fällig und stellt Rechtssicherheit und Rechtsklar­heit für die Betroffenen dar.

Außerdem begrüße ich ebenso wie meine Vorredner, dass in Zukunft auch Schmer­zensgeld bezahlt wird, es somit einen Ersatz für den ideellen Schaden gibt.

Es ist nur recht und billig, dass Opfer von Rechtsirrtümern – und die gibt es nun einmal in einer Republik, in einem Staat – ordentlich entschädigt werden. Der massivste Ein­griff in die Rechtsinteressen des Einzelnen/der Einzelnen ist der Entzug der persön­lichen Freiheit, und hinter diesen Rechtsirrtümern stehen Menschen, Einzelschicksale, deren familiäre und wirtschaftliche Existenz oftmals ruiniert wurde.

Eines noch zu einem Thema, das heute noch nicht angesprochen wurde, und zwar zur Einrichtung einer Clearing-Stelle, wie das im Gesetz vorgeschlagen war. Das, so denke ich, führt zu einer direkten Interessenkollision. Uns wäre – in unserem Antrag ist es auch zu lesen gewesen – es lieber gewesen, dass man einen Opferanwalt installiert, weil dieser weisungsfrei und ungebunden agieren kann und nicht darauf achten muss, dass der Bund nicht zu viel Geld ausgibt. Es war ja in den Materialien zu dieser Gesetzesvorlage zu lesen, dass man die Ausgaben möglichst gering halten soll. Das aber kann die Intention nicht sein. Wenn es in diesen Fragen einen Irrtum gibt, dann muss der Staat schon so weit sein, dass er die Opfer ordentlich entschädigt.

Dass hier einiges zu tun ist, die Praxis oft noch nicht so ist, wie wir sie uns wünschen würden, sehen wir an den Zahlen, die wir erhalten haben. Es hat bei den 270 Ver­fahrenseinstellungen, die es im Jahr 2003 gab – Verfahrenseinstellungen und Unter­suchungshaft –, nur 116 Anträge nach dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz gegeben, und im Endeffekt sind dann nur 86 positiv behandelt worden. Das heißt, dass nicht einmal ein Drittel der Betroffenen – trotz Verfahrenseinstellung, trotz Frei­sprüchen – vom Bund entschädigt wurde, und das sollte uns zu denken geben. Hier muss es eine andere Praxis geben. Die Republik Österreich muss so weit sein, diejenigen, über die zu Unrecht die Haft verhängt wurde, entsprechend zu entschä­digen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


20.49

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen des Nationalrates! Liebe Kollegen! Ich melde mich zum Tagesordnungspunkt 10, dem Vertrag der Republik Österreich mit der Republik


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