Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 137

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Mag. Lorenz zu erstatten. Deshalb ist dieser Artikel von ihm an das Bundeskriminalamt weitergeleitet worden, und das Bundeskriminalamt hat darauf eben diese Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet. Die weitere Geschichte kennen Sie.

Wer ist verantwortlich für das Tun eines Kabinettsmitarbeiters? Ist es bei Ihnen bereits so weit, dass Herr Webinger hinter Ihrem Rücken Aktivitäten dieser Art gegen eine Menschenrechtsanwältin setzt? Oder macht er das im Auftrag und mit Wissen seines Ministers? – Sie haben diese Frage heute bewusst nicht beantwortet. Deswegen werden wir fortfahren, diese Frage zu stellen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Von den Fakten her ein Letztes: In der Anzeige des Bundeskriminalamtes gegen Frau Mag. Lorenz lautet der Betreff – im Gegensatz zur Bürstmayr-Anzeige –: „Lorenz Nadja, Mag., Angehörige des Menschenrechtsbeirates und Vorsitzende der Plattform SOS Mitmensch, österreichische Staatsangehörige, Rechtsanwältin, Sachverhaltsdar­stellung“.

Das heißt, die wichtigste Eigenschaft, die Sie ihr in dieser offiziellen Anzeige an die Staatsanwaltschaft zugemessen haben, war ihre Funktion als Angehörige des Menschenrechtsbeirates, die zweitwichtigste ihre Funktion als Vorsitzende der Platt­form „SOS Mitmensch“, und erst zum Schluss kommt die Berufsbezeichnung „Rechts­anwältin“. (Abg. Dr. Fekter: Die wichtigste Berufsbezeichnung ist immer noch der Name mit dem Titel!)

Herr Bundesminister! Das ist unüblich, das verrät eine Absicht, und diese Absicht liegt nur zu deutlich hier auf dem Tisch und ist in diesem Hohen Haus jetzt bekannt. (Abg. Dr. Fekter: Aber geh, Herr Pilz!) Der Verdacht lautet: Sie haben Ihre Mitarbeiter dazu angehalten, vorsätzlich das österreichische Strafrecht und die Beamten Ihres Minis­teriums einzusetzen, um politisch missliebige Anwältinnen und Anwälte aus ihren Funktionen zu drängen und in ihren Funktionen zum Schweigen zu bringen. Damit haben Sie eine doppelte Grenze überschritten: die Grenze der österreichischen Ge­setze und die Grenze der österreichischen Bundesverfassung. Das, was hier getan wurde, hat jenseits der österreichischen Rechtsstaatlichkeit und jenseits der öster­reichischen Verfassung stattgefunden.

Herr Minister! Wir diskutieren heute hier mit Ihnen Folgendes: einen vorsätzlichen Verfassungsbruch und politische Verfolgung in dieser Republik. Sie sind nicht zu Unrecht zu einem Fall für Amnesty International geworden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl. Er hat eine Wunschredezeit von 5 Minuten, gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


16.29

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wenn hier von politischer Verfolgung gesprochen beziehungs­weise überhaupt eine eigenartige Rechtsauffassung von Seiten der Grünen hier dar­gelegt wird, dann möchte ich einmal damit beginnen, den Weg einer Anzeigeerstattung darzustellen.

Ein Anzeigeerstatter kommt zu einer Sicherheitsdienststelle – egal, ob das ein Gen­darmerieposten oder ein Wachzimmer, ob das die Sicherheitsdirektion oder das Minis­terium ist – und erstattet Anzeige. Bei einem Offizialdelikt, geschätzte Damen und Herren, besteht sodann die amtliche Verpflichtung, dieser Anzeige nachzugehen. In beiden Fällen handelt es sich um ein Offizialdelikt, und die Beamten haben rechtens


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