Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 144

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.29

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Außenminis­terin! Auch ich möchte zu Beginn meiner Rede das Bedauern über das Ableben von Präsident Jassir Arafat hier zum Ausdruck bringen. Wir hoffen, dass es nun nach seinem Ableben, das ja in den letzten Tagen noch die ganze Tragik des Lebens und der Person von Jassir Arafat gezeigt hat – er durfte anscheinend nicht sterben, weil seine potentiellen Nachfolger noch die Zeit gebraucht haben, um die Nachfolge zumin­dest halbwegs zu regeln –, eine stabile Führung, eine von allen anerkannte Führung des palästinensischen Volkes geben wird und dass es vielleicht wieder eine Chance für eine Neuauflage des Friedensprozesses im Nahen Osten zwischen Israel und den Palästinensern gibt.

Es muss aber auch Folgendes zum Ausdruck gebracht werden: Es ist interessant, dass jetzt doch von den meisten das Leben und das Wirken von Präsident Arafat sehr positiv gesehen werden. Man vergisst dabei jedoch ein bisschen, dass diese positive Beurteilung durchaus auch in den letzten Jahren angebracht gewesen wäre, als es darum ging, wie man mit einem gewählten Präsidenten – ob man mit allem, was er im Rahmen seines Lebens und seines Wirkens getan hat, einverstanden ist oder nicht, er war der gewählte Präsident des palästinensischen Volkes –, wie man mit ihm und mit ihm als Funktionär umgeht.

Ich glaube, auch das war in der Vergangenheit eine Problematik dieses Nahost-Kon­flikts. Und da hat man wenig Proteste von der westlichen Welt, auch wenig Proteste von der Europäischen Union gehört. (Beifall des Abg. Neudeck.)

Es muss für die Zukunft gelten, dass jede Institution, die ihre Funktionäre, ihre offiziel­len Organe wählt, das Recht hat, dass diese Organe von der Staatengemeinschaft und von allen Staaten der Welt anerkannt werden. Das werden wir, so hoffe ich, auch in Zukunft unterstützen, Frau Außenministerin. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang sind die Wahlen in den Vereinigten Staaten von ganz be­sonderer Bedeutung, denn bisher hatte man nicht den Eindruck, dass die USA ein objektiver und dynamischer Vermittler im Nahost-Konflikt sind. Es ist zu hoffen, dass Präsident Bush jetzt, da er nicht mehr das Damoklesschwert der nächsten Wahlen vor sich hat, eine andere Politik als bisher verfolgt, und zwar nicht nur im Nahen Osten, sondern auch im Irak, denn da mussten wir den Willen zu einem Ausgleich, zu einem gerechten Frieden unter Beteiligung aller Streitparteien leider allzu oft vermissen.

Frau Außenministerin! Ich glaube, gerade jetzt, da es eine neue Situation gibt, haben die Europäische Union und damit auch Österreich als Motor für diese Entwicklung die Chance, aber auch die Verantwortung und die Verpflichtung, sich stärker als bisher in die Vermittlerrolle einzubringen.

Ich möchte so wie Kollege Schieder – er hat Recht, wir haben in den letzten Debatten hier schon vieles angebracht – nicht wiederholen, sondern nur schlagwortartig streifen, etwa die Frage der nächsten Erweiterungsrunde. Frau Außenministerin! Auch in die­sem Zusammenhang sehen wir eine wichtige Rolle Österreichs, nämlich dass wir, wenn es darum geht, Verhandlungen mit der Türkei zu führen, dafür sorgen, dass eindeutig festgehalten wird, dass es sich hier um keine Einbahnstraße in Richtung Mitgliedschaft handeln darf, sondern dass wir anerkennen, dass die Türkei für Europa wichtig ist, auch eine strategisch wichtige Rolle einnimmt, dass es aber nicht möglich ist, dass dieses Land in die Werteunion der Europäischen Union mit allen Rechten und Pflichten aufgenommen werden kann, und dass wir deshalb in andere Richtungen ver-


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