Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 130

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Irre ich mich, Herr Bundeskanzler, wenn ich davon ausgehe, dass die Gesetze vom Bund gemacht werden und die Befindlichkeit der Universitäten von Bundesgesetzen beeinflusst ist? Und diese Bundesvertretung bekommt um 50 Prozent weniger Geld und wird entsandt und nicht mehr frei gewählt! (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) – Frau Kollegin Hakl, über Universitäten sollten Sie nicht zu viel reden, denn das ist nicht Ihr Spezialgebiet, um es gelinde zu sagen! (Beifall und Heiterkeit bei den Grünen.)

Es ist auch neu, dass Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer Leistungsberichte, Rechenschaftsberichte an das Parlament liefern müssen. Die ÖH muss das nun tun!

Wo haben Sie der Autonomiebedürftigkeit denn Rechnung getragen, Herr Bundes­kanzler, wo Sie sich eingemischt haben? Wo haben Sie beim ORF, bei den Kranken­kassen, beim Hauptverband, bei den ÖBB und bei der Arbeiterkammer dem Autonomieprinzip Rechnung getragen? Wenn alle Probleme der Studierenden nur durch lokale Befindlichkeiten bedingt sind, dann frage ich mich: Kann sich das Ressort beziehungsweise kann sich die Bundesregierung nicht auch einmal für lokale Befind­lichkeiten der Uni zuständig erklären und sich fragen: Was ist unser Beitrag dazu, dass es denen nicht gut geht?, und der ÖH gestatten, auch gesamtuniversitäre Interessen zu vertreten – Skripten zu produzieren und solche Dinge, das ist Aufgabe der Universität und nicht der Studentenschaft!

Noch etwas: Die ÖH war ja nicht die Erste. Mit dem letzten Universitätsgesetz wurde die Rektorenkonferenz abgeschafft, es gibt diese nicht mehr, sie ist ein Verein geworden. Auch die Professorenkonferenz gibt es nicht mehr, auch sie ist ein Verein geworden. Und die Bundeskonferenz Wissenschaftliches Personal gibt es überhaupt nicht mehr. (Abg. Dr. Brinek: Das ist ja nicht wahr!) Natürlich ist das wahr! Bitte erzählen Sie mir jetzt keine Märchen! Ich habe Ihnen das vom Kaiser und seinen Kleidern schon erzählt!

Es sind ganz große universitäre Vertretungsorgane zerschlagen worden, nach dem Motto „Divide et impera“! Ihnen stehen jetzt 21 Rektoren gegenüber – Rektorinnen gibt es nicht –, die Sie sich einzeln – unter Gänsefüßchen, das ist nicht so bös’ gemeint – „vorknöpfen“ können und die dann ihr Budget verhandeln müssen. Aber wer vertritt wirklich Bildungspolitik? Wer vertritt Forschungspolitik einheitlich nach außen? – Nie­mand mehr ist per Gesetz dazu berechtigt und legitimiert, und das finde ich, das muss ich ehrlich sagen, schlecht!

Noch etwas, weil sich der RFS Graz so gefreut hat: Herr Bundeskanzler! Ihre Ministerin Gehrer war auch nicht gerade schüchtern in der Bestellung wirklich nationaler Burschenschafter! Man kann tolerant sein, es mag auch die geben. Aber wenn ich jetzt von „Olympia“ und anderen Verbindungen eine Ehrenkarte – und ich kann wirklich nur sagen: Habe d’Ehre für diese Einladung! – zu einem Konrad Lorenz-Kommers bekom­me, in der steht – nach Konrad Lorenz –: „Die neunte Todsünde“ ist die Frankfurter Schule, eine „Verbindung von Neomarxismus und Psychoanalyse“, dann muss ich schon sagen: Da ist es mit Wissenschaftlichkeit nicht weit her!

Ich gebe zu: Horkheimer, Marcuse und Adorno sind vielleicht schwer zu lesen. Aber es ist nicht alles, was schwer zu lesen ist, Unsinn. – Ich hoffe, zumindest in diesem Punkt pflichten Sie mir bei! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. Die Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


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