Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 30

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bedingte Entlassung nichts machen und nichts erreichen – täuschen Sie die Bevölke­rung nicht! –, denn es handelt sich praktisch ausschließlich um Untersuchungshäft­linge, und diese können Sie nicht bedingt entlassen oder mit Fußfesseln auf die Reise schicken. Das geht einfach nicht.

Die Sicherheit in Österreich ist zunehmend gefährdet. Ich gestehe zu, dass es für mich persönlich als früheren Ressortchef auch ein Problem ist, wenn das Personal reduziert wird, aber wir müssen auch bedenken, dass wir natürlich viele Organisationsmaßnah­men gesetzt haben, die in diesem Bereich eine Erleichterung bringen. Wir müssen aber auch an die Länder appellieren, dass sie zu den Gesundheitskosten, die das Bud­get sehr in Anspruch nehmen, auch einen Beitrag leisten. Und ich möchte hier auch an die Gesundheitsministerin appellieren, denn in den österreichischen Gefängnissen befinden sich Hunderte zur Gänze Geisteskranke, die nicht für ihre Handlungen ver­antwortlich sind. Diese gehören längst nach internationalen Standards den Gesund­heitsbehörden zugeordnet, die kann man nicht in Gefängnissen einsperren. Da gehört ein Modernisierungsschub gemacht – ein Appell, den ich hier ganz deutlich ausspre­chen möchte.

Aber nehmen Sie bitte auch die Kosten zur Kenntnis, und überlegen Sie, was wir mit ausländischen Häftlingen machen können: Wir können sie jedenfalls nicht resozialisie­ren! Es sind Häftlinge aus 109 Nationen. Sie können diesen Häftlingen in Österreich, wenn sie in Strafhaft waren und entlassen werden, nicht Arbeit geben. Sie belasten nur unsere Ausgaben, und wir können ihnen nicht helfen. Es hat mir besonders wehgetan, dass im ORF in der „ZiB 2“ von Frau Thurnher gesagt wurde, das Projekt eines Gefängnisbaues in Rumänien sei teuer. In Wirklichkeit ist es so, dass die Häftlinge in ihren Heimatländern viel besser resozialisiert werden könnten, weil zum Beispiel in Rumänien der Bau eines Gefängnisses ein Zehntel bis ein Zwanzigstel jener Summe kostet – Frau Thurnher sagt „teuer“ –, die er in Österreich kosten würde oder gekostet hätte. Man kann die Strafen dort vollziehen, man kann die Häftlinge dort, in ihrem Heimatland, resozialisieren, und man kann sich dort bemühen, ihnen Arbeit zu geben.

Diese Projekte zu unterlaufen oder ihnen gegenzusteuern, halte ich nicht für fair. Be­trachten Sie die Kosten, die wir in Österreich haben, beziehungsweise die Mittel, die wir, nämlich sinnlos, aufwenden – sinnlos deshalb, weil wir sie nicht für Resozialisie­rung aufwenden –: Wir haben 4 000 Ausländer in den österreichischen Gefängnissen. Diese kosten jeweils täglich 120 € – bedenken Sie die Transportkosten, die Dol­metschkosten, die Vorführkosten und so weiter –, und das 365 Tage im Jahr. Das sind 179 Millionen € jährlich!

Das Justizbudget beträgt fast 1 Milliarde €, etwas weniger. Das gesamte Budget für den Strafvollzug beträgt 279 Millionen €. Das heißt, der Ausländeranteil in den öster­reichischen Gefängnissen frisst bereits mehr als die Hälfte jenes Anteils, der für den Strafvollzug zur Verfügung gestellt wird. Da kann man wirklich nicht mehr sagen, das sei kein Problem, sondern da muss man sich etwas einfallen lassen. Ich verstehe auch die Richter nicht, die gegen ein zweites Gefängnis und ein zweites Gericht in Wien opponieren, das wir bitter notwendig haben, denn wir können nicht den Überhang an Ausländern (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) ständig mit den Bussen durch die Stadt transportieren; das ist ein Sicherheitsrisiko.

Deshalb ein Appell an alle: Nehmen Sie das Problem bitte ernster als bisher! Sehen Sie den Dingen ins Auge! Helfen Sie der Frau Justizministerin, zu resozialisieren, näm­lich in den Heimatländern! Und denken Sie auch an die EU, die wirklich die Verpflich­tung hätte (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen) in ihren Heimatstaa­ten – Sie lachen, Frau Abgeordnete, ich muss das jetzt noch sagen dürfen –: ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, das war ein langer Schlusssatz!

 


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