Präsident
Dr. Andreas Khol: Herr
Bundesminister, bitte. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber ausführlich, bitte!)
Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es ist nicht nur das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Pensionisten, das hier in Frage steht, sondern es ist auch eine Frage des Anteils der arbeitsfähigen Gruppe am Wirtschaftsprozess. Und hier haben wir in Österreich gerade für die arbeitsfähige Gruppe der über 55-Jährigen einen deutlichen Nachholbedarf im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern.
Ich habe seinerzeit die Barcelona-Ziele mit unterzeichnet, und ich denke, dass wir diese bis zum Jahr 2010 erreichen können. Nach dem Jahr 2010 ist eine Weiterentwicklung der Barcelona-Ziele in Österreich auf Grund des nach wie vor früheren Antrittsalters für Frauen bis zum Jahr 2024 nur sehr schwer möglich. Sie können sich vorstellen: Wenn 40 Prozent des österreichischen Arbeitsmarktes mit 60 Jahren in Zukunft in Pension gehen können, wird es sehr schwer möglich sein, bei den über 60-Jährigen mehr als 60 Prozent Beschäftigung zu erreichen.
Die Barcelona-Ziele mit 53 Prozent halte ich für noch erreichbar, darüber liegende Ziele halte ich so lange für nicht ausbaufähig, solange die Verfassungslage – konsensual – für die Frauen so ist. Ich kann einfach nicht erkennen, dass dann, wenn 40 Prozent der Arbeitsfähigen und Arbeitstätigen in Österreich nach wie vor mit 60 in die Regelpension gehen können, das Benchmark in dieser Gruppe in Österreich vergleichbar ist mit jenen in den anderen Ländern in Europa, wo für Frauen und Männer ein deutlich höheres gleiches Pensionsantrittsalter gilt.
Ich meine, dass auch nicht übersehen werden darf, dass auch die längere Ausbildungsdauer in Österreich für die Pensionsversicherung ins Gewicht fällt. Als die Pensionsversicherung eingeführt wurde, hatten wir ein durchschnittliches Eintrittsalter in die Arbeitswelt von knapp über 18 Jahren, heute haben wir ein Eintrittsalter in die Arbeitswelt von knapp über 21 Jahren. – Das ist eine Auswirkung der erwünschten Akademisierung unserer Gesellschaft. Das ist auch eine erwünschte Nebenwirkung der hohen Zahl an Maturitätsbefunden. 51 Prozent aller Mädchen und 48 Prozent aller Männer in Österreich schließen die Sekundarschule mit Matura ab. Das heißt, die Verkürzung der Beitragsphase durch eine längere Ausbildung ist bei den Berechnungen mit zu berücksichtigen.
Es gibt einzelne Berufsgruppen, wo das Verhältnis zwischen Berufstätigen und Pensionisten heute schon ein umgekehrt proportionales ist. Eine typische Berufsgruppe für diesen Bereich sind etwa die Bauern. Schon heute muss ein aktiver Bauer mehr als 1,12 Pensionisten erhalten. Diese Zahl wird in den nächsten Jahren steigen; Kollege Donabauer hat das richtig erkannt.
Es gibt aber auch eine andere Reihe von sterbenden Berufen, die in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung an Wert verlieren und für deren Pensionen die nachkommenden Generationen eine deutliche Last zu tragen haben. Eine solche Berufsgruppe ist auch die des österreichischen Bergbaus. Es gibt heute nur mehr knapp 4 000 Personen, die aktiv in die Regelungen des Knappschaftssoldes fallen, während es insgesamt etwa 53 000 Versicherte in dieser Versicherungsanstalt gibt – der überwiegende Teil schon Pensionisten.
Man sieht an diesen einzelnen Gruppen, welche Schwierigkeiten es macht, wenn eine sinkende Beschäftigtenzahl einer immer größer werdenden oder zumindest gleich bleibenden Pensionistengruppe gegenübersteht. In der Gesamtpopulation Österreichs sieht das so aus, dass sich das Verhältnis von 1 000 : 463 verändern wird auf 1 000 Personen in Beschäftigung : 768 bis 800 Pensionisten in den Jahren 2020 bis 2030.