Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 90. Sitzung / Seite 94

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Vertretung nicht gewesen sein, wenn bloß 30 Prozent aller Studierenden daran inter­essiert sind, die Stimme abzugeben, was auch logisch ist, denn wenn man vier Wahl­zettel in die Hand gedrückt bekommt und die Leute sowieso nicht kennt, so ist das Bürokratie, so sind das groß aufgeblasene Apparate. Jetzt hat man das auf zwei Ebenen reduziert, und da geht es darum, Nähe zu den Universitäten herzustellen, was gleichzeitig eine Distanz zum Fraktionshickhack bedeutet. Und Nähe zu den Univer­sitäten bedeutet auch Nähe zu den Studenten. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Öllinger: Genau! Weg mit den anderen Parteien!)

12.54

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Dr. Zinggl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.55

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr schade, dass es von Seiten der Regierungsfraktionen so wenig Ver­ständnis für eine demokratische Entwicklung gibt, und wenn ich sage „Entwicklung“, dann meine ich, Frau Ministerin, Demokratie ist nicht nur eine Sache von Entweder-oder, wie Sie das formuliert haben, sondern da gibt es sehr wohl auch kontinuierliche Fortschritte, und es gibt auch Rückfälle. Und das, was Sie jetzt mit dem neuen Gesetz zum Wahlmodus betreiben, ist jedenfalls ein Abbau. Es ist ein Abbau der bereits erreichten Standards, von Fortschritt überhaupt keine Rede. Wir müssen natürlich zugeben, dass diese Art Wahlordnung, wie Sie sie jetzt für die ÖH einbringen, auch eine Art von demokratischem System ist. Es kommt eben immer darauf an, was man unter Demokratie jeweils verstehen mag.

Ich erinnere Sie, im alten, antiken Griechenland hatten die männlichen Haushalts­vorstände, die Freien allein das Wahlrecht, und das war eine Demokratie. Und wenn ich an Australien erinnern darf: Dort hat man bis 1967 den Aborigines das Wahlrecht nicht zugestanden, und das ist natürlich auch eine Demokratie. Das Frauenwahlrecht ist den Frauen bis in die achtziger Jahre hinein von der Schweiz nicht zugestanden worden, auch das eine uralte Demokratie. Sie sehen also, es gibt nicht nur ein Ent­weder-oder, sondern es gibt Entwicklungen und verschiedene Formen, und das, was Sie da machen, ist sicherlich kein Fortschritt, keine Weiterentwicklung.

Wir könnten gemeinsam überlegen, warum Sie zum Beispiel nicht einfach auch für die ÖH das Wahlrecht der Studentinnen abschaffen. Sie müssten davor natürlich noch Meinungsumfragen machen, um sicherzugehen, dass die männlichen Studenten eher AG und RFS wählen. Und dann können Sie das verteidigen mit der Argumentation, dass so etwas ja auch eine Spielweise von Demokratie wäre, wenn nur die männlichen Studenten wählen. Dann könnten Sie sich hinstellen und sagen: Jetzt warten wir doch einmal ab, was bei den Wahlen für ein Ergebnis herauskommt! Frau Ministerin, genauso haben Sie das formuliert: Wir sollten erst einmal abwarten, wie sich das neue System bewährt. Sie sagen uns damit mehr oder weniger deutlich, dass es auf das Ergebnis ankommt und nicht auf das System.

Es gibt da aber überhaupt nichts zum Abwarten, denn das System wird ja jetzt fixiert. Und das System ist entweder mehr oder weniger demokratisch. Und wir sehen jetzt, dass es ganz eindeutig weniger demokratisch ist. Wir brauchen da gar nichts abzu­warten, denn wenn wir abwarten, wie die Wahl ausgeht, dann sehen wir nur, ob Ihnen das Ergebnis passt oder nicht. Und wenn es Ihnen nicht entspricht, dann kann ich mir gut vorstellen, dass Sie das Wahlsystem neuerlich ändern wollen – und dann denken Sie bitte an meine Überlegung mit den Studentinnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

12.57

 


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