Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 92. Sitzung / Seite 19

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Das war eigentlich nicht das, was wir damals versprochen haben. Deswegen muss hier ein wirklicher Diskussionsprozess beginnen, der letztlich über diese Einzelfrage weit hinausgeht und der vieles mehr auch berücksichtigt.

Natürlich gibt es hier Standards in der Europäischen Union, die von größter Bedeutung sind: politische Standards, ethische, moralische Standards. Ich bin nur dagegen, dass wir dauernd immer und überall die Oberlehrer sind. Auch die Länder, die die Euro­päische Union maßgeblich tragen, haben durchaus auch kritikwürdige Momente in ihrer Geschichte gehabt. Man soll sich also da nicht zum Oberlehrer aufschwingen.

Aber jetzt haben wir einen Rechtsstatus, jetzt haben wir eine politische Kultur entwickelt, jetzt, glaube ich, kann die Europäische Union mit Recht darauf pochen, dass sie sehr vieles erreicht hat. Dazu gehören aber auch der Sozialstaat, der Wohl­fahrtsstaat und diese soziale Absicherung, die in dem Zusammenhang meiner Auffas­sung nach einen ganz, ganz gravierenden Punkt darstellt.

Wenn man glaubwürdig sein will, dann muss man das auch beim Beginn von Verhand­lungen zum Ausdruck bringen, und das ist das, worauf wir ganz besonders pochen.

Schauen Sie, es ist nicht unanständig, wenn man auch darüber nachdenkt, wie die finanzielle Perspektive der Europäischen Union ist. Wir haben, zweieinhalb Tage bevor diese Debatte war, einen Besuch in Brüssel gemacht. Es stimmt, vor 2014 soll es keinen Beitritt geben, aber es gibt innerhalb der Europäischen Union momentan heftigste Auseinandersetzungen. Da sind die Länder, die gerade Förderungen bekommen und nicht darauf verzichten wollen. Da gibt es den berühmten Britenrabatt, den Frau Thatcher ausverhandelt hat, 5 Milliarden € im Jahr, und worauf die Briten nicht verzichten wollen. Es gibt hier natürlich auch den gesamten Agrarbereich, der längst reformiert gehört. Das hat auch Fischler erkannt, als er noch Agrarkommissar war.

Das heißt, eine Summe von Veränderungen steht vor der Tür, aber auch eine Summe von neuen Übereinkommen, die geschlossen werden, damit die Europäische Union überhaupt eine Vorausschau bis 2013 oder 2014 durchführen kann. Und nach 2014 muss es dann wieder eine Vorausschau geben, und dann wird man beobachten, wie der Verhandlungsprozess abgelaufen ist.

Der langen Rede kurzer Sinn, ich möchte noch etwas sagen (Abg. Scheibner: Sehr kurzer Sinn!): Herr Bundeskanzler, Sie haben hier einen Parteienpakt vorgeschlagen. Wir bringen dazu einen Entschließungsantrag ein, und ich sage Ihnen gleich dazu: Es gilt hier direktdemokratische Elemente zu berücksichtigen, es gilt hier zu berück­sichtigen, dass wir nicht abschätzen können, ob es in zehn bis zwölf Jahren nicht vielleicht auch ein europaweites Referendum gibt, wie es der Herr Bundespräsident angesprochen hat. Es ist eine Volksabstimmung denkbar, es ist auch denkbar, dass es andere direktdemokratische Instrumentarien gibt. Faktum ist, die Bevölkerung muss einbezogen werden, Faktum ist, die Bevölkerung muss mitwirken können. (Abg. Scheibner: Volksabstimmung!) Darum geht es, und in diese Richtung sind die Gespräche zu führen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nein, was Sie wollen, ist ganz einfach: Sie wollen die Bevölkerung vor vollendete Tat­sachen stellen. Sie wollen einen Beschluss im Nationalrat, Sie wollen einen Beschluss in der Regierung, Sie wollen, dass der jeweilige Bundeskanzler den Beitritt der Türkei unterzeichnet, und dann wollen Sie die Bevölkerung fragen. Und wir wollen das vorher machen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Auch seine Redezeit beträgt 15 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Klubobmann.

 


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