12.53
Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren hinter mir, meine sehr geehrten Damen und Herren vor mir, meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause: dobar dan!
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Prokop!
Herr Bundeskanzler Schüssel hat Sie heute hier im Parlament mit der Beschreibung eingeführt, Sie
seien eine Frau, die soziales Gespür sowie Gespür für menschliches Maß hat,
eine Frau, die Mut zu Entscheidungen hat, weil Sie das alles in der
Vergangenheit bewiesen haben, so der Herr Bundeskanzler.
Frau
Bundesministerin Prokop, ich hatte bis jetzt politisch mit Ihnen noch nie zu
tun. In Zukunft werden wir viel miteinander zu tun haben, was ich hoffe –
hoffentlich jedenfalls mehr, als das bei Ihrem Vorgänger Strasser der Fall war,
denn Minister Strasser hat die Leute – das ist der Hauptvorwurf, den wir
ihm nach seinem Abgang immer noch machen – sozusagen aus dem Boot
gestoßen, anstatt sie ins Boot zu holen. Mit den Nicht-ins-Boot-Geholten meine
ich beispielsweise jene Organisationen in Österreich, die im Bereich
Menschenrechte tätig sind. Jetzt komme ich auf soziales Gespür und menschliches
Maß zu sprechen – und Sie wissen ja sicherlich, dass ich für die Fraktion
der Grünen zuständig bin für die Fragen Fremdenrecht und Asyl sowie auch deren
Menschenrechtssprecherin bin. Aus dem Boot zu stoßen und nicht ins
Boot zu holen, das war der Politikstil Ernst Strassers. Bundesminister Strasser
hat die Zusammenarbeit mit Flüchtlingsorganisationen, hat die Zusammenarbeit
mit NGOs im Menschenrechtsbereich beispielsweise verweigert, ebenso mit den
Kirchen, die, und zwar seit Jahrzehnten, wesentlich zum Ruf Österreichs
beigetragen, dass unser Land eines ist, das Flüchtlinge aufnimmt!
Bundesminister
Strasser hat also die Zusammenarbeit mit diesen Organisationen verweigert –
und er hat die Vorschläge der Opposition, hat den Input, den die Opposition
bringt, schlicht und einfach ignoriert!
Frau
Bundesministerin Prokop, ich stehe nicht an, zu sagen, dass Sie von der Opposition
heute so etwas wie einen „Vorschussvertrauen“ bekommen haben, und zwar auch
deshalb, weil wir von Ihnen einen Kurswechsel im Politikstil und im Politikinhalt
erwarten, ja einfordern, denn ein solcher Wechsel ist geradezu notwendig. Das,
Frau Bundesministerin, was offensichtlich in Ihrer politischen Vergangenheit
der Fall war und was Sie sozusagen charakterisiert, soll von Ihnen auch als
Mitglied einer Bundesregierung mit politischem Inhalt erfüllt werden.
Ernst Strasser
hat rechtsstaatliche Scherben hinterlassen – und ich zähle nur stichwortartig
Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes auf: Aufhebung des Zivildienstgesetzes,
Aufhebung des Asylgesetzes. Die Ignoranz, die Ernst Strasser zutage gelegt hat
mit seinen Kommentaren nach diesen, natürlich für einen Minister nicht gerade
angenehmen, ja geradezu für die Regierung peinlichen Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes,
haben uns in den letzten Wochen mehr als bewegt. (Beifall bei den Grünen.)
Ich sage Ihnen
daher: Es tut mir nicht Leid um Ernst Strasser, denn mit ihm wäre
genau das, was jetzt in dem Bereich, den ich besonders hervorheben möchte und
wozu Sie, Frau Bundesministerin Prokop, heute leider jede konkrete Aussage vermissen
ließen, nicht geschehen, nämlich das anzupacken, dass
Asylverfahren in Österreich Jahre, ja manchmal Jahrzehnte dauern, weil es kein
Personal gibt, und zwar weder beim Bundesasylamt noch beim unabhängigen
Bundesasylsenat.
Frau Bundesministerin Prokop, zu Vorschlägen der Opposition, der Kirchen und Flüchtlingsorganisationen, eine verfassungskonforme, den Grundsätzen der Genfer Flüchtlingskonvention uneingeschränkt und umfassend gerecht werdende Novelle des Asyl-