Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 93. Sitzung / Seite 157

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das Zweite: Es wird im Antrag verlangt, dass die Postämter mit eigenem Personal geführt werden müssen. Ich habe in meiner früheren Funktion als Leiter der Verkehrs­politik in der Wirtschaftskammer Österreich zusammen mit dem Syndikus des Handels Dr. Hannes Mraz das System der Postpartnerschaft entwickelt, damit, wenn ein Post­amt geschlossen wird, die Bevölkerung eine ausreichende Dienstleistung zur Verfü­gung hat. Sie kennen vielleicht dieses Blatt, in dem wir ersuchen und auffordern, dass sich Betriebe dafür finden – und die finden sich.

Und es gibt Verbesserungen: Wir haben längere Öffnungszeiten, es gibt zusätzliche Angebote dort. Das eine ist allerdings wahr: Die Bedingungen, die die Post den Post­partnern bietet, sind verbesserungswürdig. Deshalb wandern wieder Partner aus dem Geschäft ab, lassen sich manchmal nicht so leicht welche finden, aber ich hoffe, dass wir hier zu einer guten Lösung kommen werden.

Minister Gorbach hat vor, bis Jahresmitte eine Novelle zum Postgesetz vorzulegen. Es würden dann auch die Maßnahmen, die notwendig sind, aber derzeit in der Post-Universaldienstverordnung, weil es eben nur eine Verordnung ist, nicht geregelt wer­den können, gesetzt werden. Wir sind also am richtigen Weg, für die Bevölkerung die ausreichende Versorgung sicherzustellen. Aus diesem Grunde ist die Fristsetzung nicht notwendig, und wir werden sie daher ablehnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

 


16.36

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt schon ziemlich lange ein Thema, das anscheinend doch ein Thema ist, das die Menschen sehr, sehr interessiert. Lassen Sie mich anlässlich der Gedenkfeiern und des Gedenkjahres eine persönliche Bemerkung machen! Ich möchte kurz auf das Jahr 1955 zurückkommen. Im Jahre 1955 war ich neun Jahre alt und habe in Bern­hardsthal, einer kleinen Gemeinde an der Nordbahn in Niederösterreich, gewohnt, und damals war die Bevölkerung wirklich arm. Wir hatten nicht viel. Es gab einige Bauern dort, die Leute haben bei den Bauern gearbeitet, und meine Eltern haben versucht, dass wir genug Nahrungsmittel bekommen. Das ist die Wahrheit.

Nur eines hatten wir damals in Bernhardsthal: ein Postamt, und das in einer Zeit, als wir wirklich arm waren. (Abg. Scheibner: Ein schlechter Vergleich!)

Heute hat der Herr Bundeskanzler hier erklärt, was wir für Sparzuwächse haben, was wir für Wirtschaftszuwächse haben, was wir für ein wunderbares Wirtschaftsland sind – und jetzt diskutieren wir bereits seit über einer Stunde über die Schließung von Post­ämtern. Da frage ich mich schon: Passt das eigentlich zusammen: In einem Land, wo es der Wirtschaft laut Ihren Aussagen so gut geht, in einem Land, wo wir Industrie ansiedeln wollen, in einem Land, wo wir Forschung ansiedeln wollen, sperren wir auf der anderen Seite Infrastruktur zu? Und Infrastruktur zusperren bedeutet natürlich auch Wirtschaftsteile zusperren. (Abg. Mag. Molterer: Wie viele Telefone hat es damals gegeben? Wie viele Faxe? Wie viele Autos hat es damals gegeben? Kein Internet!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Post selber hat natürlich den Auftrag, wirtschaftlich zu arbeiten und sich wirtschaftlich darzustellen. Das ist der Auftrag des Vorstandes der Post in einer Aktiengesellschaft. Aber gleichzeitig eine Post-Universal­dienstverordnung zu vollziehen, gleichzeitig ein flächendeckendes Angebot an Post­ämtern zu gewährleisten, das lässt sich anscheinend mit dem Aktienrecht und dem wirtschaftlichen Auftrag nicht ganz vereinbaren. Und jetzt kommen wir zu Lösungen, die lediglich Krücken sind.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite