Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 50

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Erweiterung deutlicher und die Risken weniger sehen oder umgekehrt. Auch die neue Europäische Verfassung bietet Gelegenheit dazu.

Meine Damen und Herren! Ich denke, einiges in der Europäischen Verfassung ist noch nicht gelungen und kann kritisch hinterfragt werden, doch die Europäische Verfassung stellt eine neue Qualität dar, die Europa mit mehr Transparenz versieht und Europa, vor allem den EU-Mitgliedsstaaten, auch mehr Sicherheit in Bezug auf die Souveränität bietet.

Durch den europäischen Verfassungsvertrag werden die Gründungsverträge verein­facht und auch neu geordnet. So schreibt die Europäische Verfassung erstmals die Werte der Union ausdrücklich fest; Werte wie die Achtung der Menschenwürde, Frei­heit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Menschenrechte, Minderheiten­rechte, das Diskriminierungsverbot sowie Gleichheit von Männern und Frauen. Mit der Verankerung der Charta der Grundrechte im Verfassungsvertrag werden klassische bürgerliche und politische sowie auch soziale Rechte nunmehr auch verbindlich.

Der europäische Verfassungsvertrag schafft erstmals die Möglichkeit eines freiwilligen Austritts eines EU-Mitgliedstaates aus der Europäischen Union. Bei einem entspre­chenden innerstaatlichen Beschluss ist nunmehr geregelt, was bisher höchst umstrit­ten, weil eben ein ungeregelter Bereich, war.

Der europäische Verfassungsvertrag schafft auch ein neues Verfahren, das zur An­wendung kommen soll, wenn die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte der Europäischen Union durch einen EU-Mitgliedstaat gegeben ist. Diese neue Regelung, meine Damen und Herren, verhindert, dass vertragswidrige und will­kürliche Sanktionen gegen EU-Mitgliedstaaten erfolgen, wie das zum Beispiel im Jahr 2000 zu Unrecht gegen Österreich der Fall war. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der neue europäische Verfassungsvertrag stärkt des weite­ren die Befugnisse des Europäischen Parlaments. Er bringt mehr an Demokratisierung der Europäischen Union und eine Stärkung des von Bürgerinnen und Bürgern der Union gewählten Vertretungsorgans. Das Mitentscheidungsverfahren wird auf weitere Politikbereiche ausgedehnt. Das Entscheidungsrecht des Europäischen Parlaments bei der Festlegung der Finanzen der Union wird deutlich erweitert und dadurch gestärkt.

Ein ganz wesentlicher Punkt scheint mir aber die Stärkung des Rechtssystems der Europäischen Union zu sein. Der europäische Verfassungsvertrag schafft eine Über­prüfbarkeit der Handlungen des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten durch den Europäischen Gerichtshof. Das bedeutet eine entscheidende Ver­besserung des Rechtsschutzes des Einzelnen gegen Rechtsakte der Europäischen Union.

Für die Stellung der nationalen Parlamente im Gefüge der Europäischen Union ganz wesentlich ist aber auch die Einführung eigener Verfahren zur Überprüfung der Einhal­tung der Subsidiarität durch den europäischen Verfassungsvertrag. Zukünftig wird es, meine Damen und Herren, jedem einzelstaatlichen Parlament zustehen, Vorschläge der Europäischen Kommission zu beeinspruchen, wenn ein Verstoß gegen das Sub­sidiaritätsprinzip vermutet wird.

Mit der Bürgerinitiative wird auch ein neues Instrument geschaffen, nämlich erstmals ein Mittel der direkten Demokratie innerhalb der Europäischen Union. Auch das ist auf der Habenseite gutzuschreiben.

Meine Damen und Herren! Im Bereich der Europäischen Sicherheits- und Verteidi­gungspolitik schafft der europäische Verfassungsvertrag eine Solidaritätsklausel bei Katastrophen und Terroranschlägen sowie eine wechselseitige Beistandsgarantie, die


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