Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 56

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Es gibt eine ganze Menge kritischer Punkte, die auch die Grünen immer wieder thematisiert haben, sie finden sich vor allem im dritten Teil der Verfassung – also nicht im grundsätzlichen Teil, sondern eher dort, wo es um die konkrete Umsetzung geht. Diesem Teil wird auch nachgesagt – aus meiner Sicht richtigerweise nachgesagt –, dass er starke neoliberale Aspekte enthält. (Abg. Scheibner: Das ist ja etwas ganz Furchtbares!) Es geht da um die Liberalisierung der Dienstleistungen. Es ist sicher auch die Bindung an den Stabilitätspakt in gewissen Bereichen problematisch, trotz­dem muss man festhalten, dass die Anerkennung des Rechts auf Dienstleistungen von öffentlichem Interesse, also die so genannte Daseinsvorsorge, erstmals in einer Euro­päischen Verfassung verankert ist. Das heißt, der Zugang zu diesen Dienstleistungen soll für alle gesichert werden.

Es ist das Gebot der Gleichstellung von Frauen und Männern verstärkt worden, was, wie ich glaube, eine sehr wichtige und notwendige Sache ist, auch wenn wir sehen, wie zum Beispiel gerade in Österreich, aber durchaus auch in vielen anderen Ländern, die Schere, was das Einkommen von Männern und Frauen betrifft, auseinander geht.

Es gibt eine Verpflichtung zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und Diskriminie­rung, die in dieser Europäischen Verfassung festgehalten ist.

Das heißt, wir können davon ausgehen, dass von dieser Verfassung positive Impulse auf die nationalen Ebenen ausgestrahlt werden, das heißt, dass durchaus auch wir in Österreich von den grundsätzlichen Verbesserungen der Europäischen Verfassung profitieren werden.

Ein wichtiger Punkt, der nicht in der Verfassung enthalten ist, wo wir aber glauben, dass es sehr wichtig ist, dass er nicht in der Verfassung verankert ist, ist EURATOM. EURATOM ist als eigenes Dokument festgelegt worden, hat eben nicht in die Verfassung Eingang gefunden. Es ist die Erfüllung einer Forderung der Grünen, dass EURATOM in der Europäischen Verfassung nicht festgelegt worden ist. Das ist der Ausdruck dessen, dass der Anachronismus dieses Vertrages auf europäischer Ebene durchaus schon gesehen wird, dass man ihn quasi als Anhängsel definiert hat. Damit wird auch festgelegt, dass er nicht diese Wichtigkeit hat und dass auch die Möglichkeit gegeben wird – zumindest theoretisch! –, aus EURATOM auszutreten, ohne aus der Europäischen Union austreten zu müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Verfassung ist alles in allem ganz sicher nicht der Schlusspunkt eines Prozes­ses! Aus unserer Sicht ist sie der Beginn einer weiteren Diskussion, sie ist ein wichtiger Zwischenschritt, der gemacht wird, der erste Schritt zu einer demokratischeren, sozia­leren, nachhaltigeren Europäischen Union. Aber es fehlt noch vieles! Es fehlen eine europäische Friedensordnung und auch eine europäische Sozialordnung mit sozialen Standards, die festgelegt werden, sowie eine zivile Konfliktprävention. Es fehlt die Festlegung in der Umsetzung der sozialen Marktwirtschaft und der Vollbeschäftigung. Da gibt es für uns also noch einige Dinge zu tun. Wir verstehen diesen Beschluss, der in einigen Monaten für die Europäische Verfassung stattfinden wird, als Auftrag zur Weiterarbeit, zur Verbesserung dieser Verfassung. Es wird noch viel Arbeit und noch viel Engagement brauchen, die Europäische Verfassung in diese Richtung zu verbes­sern. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Broukal.)

12.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 789 der Beilagen.

 


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