Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 55

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Wenn ich höre, dass auch die Sozialdemokraten hier dafür sind, muss ich fragen: Wo sind denn die sozialdemokratischen Parteien Europas, wenn es darum geht, für diese Instrumente der direkten Demokratie Stimmung zu machen? Wo ist die große Fraktion der Konservativen in Europa, wenn es darum geht, direkte Demokratie in der Praxis umzusetzen? – Ich glaube den österreichischen Regierungsvertretern, dass sie die Einzigen waren – leider die Einzigen! –, die das entsprechend umgesetzt haben woll­ten.

Ich sage Ihnen: Auch mir gefällt es nicht, dass wir jetzt zehn einzelne Volksabstimmun­gen haben, denn diese Verfassung ist eine gesamteuropäische Frage! Anders ist es bei Erweiterungsfragen wie betreffend die Türkei, da geht es um die Rechte und die Interessen der Einzelstaaten, der Nationalstaaten! Da muss es aus unserer Sicht verpflichtend nationale Volksabstimmungen geben! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifall der Abgeordneten Mag. Molterer und Dr. Stummvoll.)

Ich sage Ihnen Folgendes: Auch wenn es diese europaweite Volksabstimmung leider nicht gibt und zehn Mitgliedsländer nationale Volksabstimmungen durchführen, sollte nicht ausgeschlossen sein, dass in Österreich darüber eine nationale Volksabstim­mung durchgeführt wird. Jetzt hier mit der repräsentativen Demokratie zu kommen, ist zwar ein Argument, keine Frage, aber in essentiellen Fragen der Bevölkerung zu sagen: Darüber werden wir schon für euch die Entscheidung treffen, das ist ohnehin zu kompliziert!, entspricht nicht meinem Demokratieverständnis. – Aber dass gerade die Sozialdemokratie, die sogar über Verwaltungsakte hier eine Volksabstimmung ver­langt, diese jetzt hier in Abrede stellt, ist etwas unverständlich.

Also aus unserer Sicht: Zustimmung zu dieser Verfassung – bei aller Kritik (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) –, aber die Forderung, dass die Instrumente der direkten Demokratie auch auf europäischer Ebene eingeführt werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.55.21

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Europäischen Verfassung wird eine langjäh­rige Forderung beziehungsweise ein Wunsch der Grünen erfüllt. Wesentliche ... (Abg. Großruck: Da freuen wir uns aber!) Nicht nur der Grünen, aber auch der Grünen, allen voran des Johannes Voggenhuber, der bei Freund und Gegner als Kenner der Euro­päischen Union und als wirklicher Vorkämpfer für eine Europäische Verfassung gese­hen wird. An dieser Stelle an ihn auch einen herzlichen Dank! (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich ist diese Europäische Verfassung ein großer Fortschritt. Unser Wunsch nach einer Friedensunion, nach einer Sozialunion hat sich teilweise, in ganz massiven Teilen in dieser Verfassung erfüllt.

Es ist ein demokratiepolitischer Fortschritt, dass das Europäische Parlament nun we­sentlich umfangreichere Mitentscheidungsrechte bekommen hat, als es vorher hatte. Bisher hatte das Europäische Parlament nur sehr eingeschränkte Rechte, daher ist es wichtig, dass nun die europäischen Bürger und Bürgerinnen über die Parlamente die Möglichkeit haben, auch wirklich Einfluss zu nehmen. – Das ist einer der großen Fort­schritte.

Ein zweiter großer Fortschritt ist die Charta der Grundrechte – es wird erstmals auf europäischer Ebene die Möglichkeit gegeben, soziale Grundrechte einzuklagen –, auch wenn wir von einer europäischen Sozialordnung noch weit entfernt sind.

 


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