Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 116

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Gericht, wenn schon über Gutachten etwas auf eine bestimmte Schiene gelegt wird, dann aufraffen und sagen: Ich glaube das nicht, ich verstehe das nicht!? – Das werden die wenigsten tun.

Das Tränengas stehe in überhaupt keinem ursächlichen Zusammenhang, würde ich mich nicht zu sagen trauen, wenn über die verwendete Substanz bekannt ist, dass HIV-Patienten nicht wie andere Bürgerinnen und Bürger darauf reagieren, und man da­her möglicherweise zwanghaft, um auf den Erfolg zu kommen, höhere Dosen einsetzt, die dann toxisch sind. In wissenschaftlichen Beschreibungen dieser Substanz steht doch geschrieben, dass in Einzelfällen durchaus allergische, anaphylaktische Reaktio­nen der Lunge und der Atmungsorgane möglich sind, das heißt, es zu einem Lungen­ödem kommen kann, was bei Herzproblemen zusätzlich Probleme bereiten kann.

Der Gutachter schreibt, dass das Herz einerseits durch Erregungszustände belastet wurde. – Wenn ich HIV-positiv bin und mir sozusagen meine Zelle, in der ich ja nicht sitzen möchte, vollgenebelt wird und dann noch Pfefferspray eingesetzt wird, dann bin ich auch erregt. Der Gutachter hätte ohne Weiteres solche Sachen beweisen können, indem er einfach nachgeschaut hätte, wie viel Nebennierenhormone oder Katechola­mine im Harn sind.

Wenn er sagt, er könne in einer Zelle, die er selber nicht betreten wollte, weil das Tränengas dort noch so spürbar war – zumindest für ihn –, das Tränengas nicht nach­weisen, dann ist auch notwendig, dass er angibt, dass seine Methode etwas unsicher ist. Sonst würde ich empfehlen, dass man Gehörlose in die Oper schickt und sagt, sie sollen eine Rezension über „Die Zauberflöte“ schreiben, obwohl sie nichts hören. Wenn man durch eine Methode nicht nachweisen kann, dass Tränengas verwendet worden ist, dann ist es die falsche Methode.

Weiterer Punkt: Zu sagen, eine Verletzung durch Fremdverschulden sei auszuschlie­ßen, halte ich für gewagt. Man kann sagen, Fremdverschulden sei nicht wahrscheinlich oder könne man nicht beweisen, aber zu sagen, es sei auszuschließen, ist auf jeden Fall nicht ganz in Ordnung.

Wenn behauptet wird – und ich habe die Fotos gesehen: da sind ja wirklich Gewebs­zerstörungen bis zwei, drei Zentimeter unter die Haut, bis in den Muskel hinein, mit Blutgefäßzerreißungen sichtbar –, er hätte das Fenster ausgehebelt, dann muss ich fragen: Wo sind die Spuren auf dem Fenster? Gab es eine Spurensicherung? Ist das beweisbar oder nicht?

Dazu, dass das etwas Allgemeines ist, zum Schluss noch ein kurzes Beispiel – es be­trifft nicht nur diesen Fall –: Wenn in einem Gutachten betreffend Omofuma steht, der Erstgutachter, ein Bulgare, hätte behauptet, das Leichenbild würde auf schnell eintre­tendes Ersticken hindeuten, aber zum Leichenbild, das kleinflächige Blutungen zeigt, schreibt ein Gutachter: Auch beim Stuhlpressen, bei Geburtsvorgängen, bei starkem Husten oder bei Asthmaanfällen kann es zu diesen Blutungen kommen, punktförmige Blutungen gibt es auch bei plötzlichem Kindestod und Speisebreieinatmung, daher sind punktförmige Blutungen zwar mit Ersticken in Einklang zu bringen, es muss aber nicht so sein, dann schlägt das dem Fass den Boden aus. Dass Omofuma nicht schwanger war, nicht Stuhl gepresst hat und nicht eines plötzlichen Kindestodes verstorben ist, sollte auch einem Laien klar sein. Aber im Gutachten wird das als einer von vielen Be­weisen angeführt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

 


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